Max Bircher-Benner (1867-1939)
Maximilian Oskar Bircher-Benner
(* 22. August 1867 in Aarau; † 24. Januar 1939 in Zürich) war
ein Schweizer Arzt und Ernährungswissenschaftler. Er entwickelte
das Birchermüesli und gilt als Pionier der Vollwertkost.
Warum Bircher-Benner Abstinent wurde
Neben Rohkost und Vegetarismus
kannte Bircher-Benner noch ein weiteres Prinzip; denn zwei Lebensumstände
bewogen ihn 1896, dem Alkohol zu entsagen: Zum einen das schwere Schicksal
seines Vaters, und zum andern der Umstand, dass während seines Studiums
in Zürich ausgerechnet seine zwei Lieblingsdozenten, der Psychiater,
Hirnanatom und Ameisenforscher Auguste Forel und der Physiologe Justus Gaule,
ihrer Alkoholabstinenz wegen diffamiert wurden.
Deshalb forderte Bircher-Benner, gleich wie seine beiden Vorbilder, dass
jeder Arzt seinen Patienten beispielhaft voran gehe. Dass der prinzipienstrenge
Arzt vom Zürichberg, wie viele seiner Berufskollegen, jedoch gerne
Zigaretten rauchte, mag als Verstoss gegen seine ganzheitlichen Grundsätze
gesehen werden, vielleicht aber auch bloss als banale Feststellung, dass
«sündigen» menschlich ist; und Lungenkrebs war damals eben
noch kein Thema ...
(Quelle: Blaues Kreuz, Verbandszeitschrift des Blauen
Kreuzes, 15.
April 2004)
Albrecht von Haller (1708-1777)
Der erste Schweizer Gelehrte von
internationaler Bedeutung war der Berner Albrecht von Haller (1708-1777),
der durch sein gewaltiges Werk: «Elementa physiologiae corporis humani»
die Physiologie zum Range einer selbständigen Wissenschaft erhob.
In einer Polemik mit dem Franzosen La Mettrie schrieb Albrecht von Haller
selber, dass seit 22 Jahren kein Tropfen Wein seine Lippen berührt
hätte. Zu diesem Entschluss bewogen hatten ihn zwei tragische Erlebnisse
aus seinen Studentenjahren in Tübingen. In angeheitertem Zustand verwundete
einer seiner Kommilitonen tödlich die Hausmagd, auf die er scherzend
seine Pistole gerichtet hatte. Ein andermal traktierten Hallers Tischgenossen
einen Nachtwächter mit Branntwein derart, dass er daran verschied.
In sein Lehrgedicht «Die Alpen» flocht der damals Einundzwanzigjährige
denn auch die Verse ein:
Zwar hier bekränzt der Herbst die Hügel nicht mit
Reben,
Man presst kein gärend Nass gequetschter Beeren ab,
Die Erde hat zum Durst uns Brunnen hergegeben,
Und kein gekünstelt Saus beschleunigt unser Grab.
Beglückte, klaget nicht! ihr wuchert im Verlieren;
Kein nötiges Getränk, ein Gift verlieret ihr!
Die gütige Natur verbietet ihn den Tieren,
Der Mensch allein trinkt Wein und wird dadurch ein Tier.
Für euch, o Selige! will das Verhängnis sorgen,
Es hat zum Untergang den Weg euch selbst verborgen.
Soziale Gründe bilden auch die Grundlage der Abstinenzbewegung;
die in der Schweiz im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts entstanden
ist. Sie beruht nicht wie oft fälschlich angenommen und ausgestreut
wird auf dem Satze, dass «jeder Tropfen Alkohol Gift» sei.
Der Alkohol kann für gewisse Menschen in jeder Menge gesundheitlich
oder sozial schädlich sein... Hat doch schon Plato um ein Beispiel
zu nennen in den «Gesetzen» ein Verbot des Weingenusses für
junge Menschen bis zum 18. Jahre vorgeschlagen, wohl aus der uralten Erkenntnis
heraus, dass berauschende Getränke für den wachsenden, noch
in der Entwicklung stehenden Organismus besonders schädlich sind.
Die Abstinenzbewegung darf die Feststellung, dass streng mässiger
Alkoholgenuss für erwachsene, gesunde, nicht zur Trunksucht neigende
Personen individuell unschädlich sei, ruhig gelten lassen, ohne sich
dadurch in ihrer Existenzberechtigung bedroht zu fühlen; denn sie
fusst auf sozialhygienischen Gründen. Sie geht davon aus, dass die
Alkoholgefahr so viele Mitmenschen bedroht und in Mitleidenschaft zieht,
dass jedermann, der sozial fühlt und denkt, sich die Frage stellen
muss: « Was kann ich dagegen tun ? » Jedermann kann durch
grundsätzliche Enthaltsamkeit etwas dazu beitragen, den gesellschaftlichen
Zwang der Trinksitten zu brechen und neue Sitten anzubahnen...
(Quelle: Ob sie es schon wissen? Aufklärung über
die Alkoholwirkung, von J. Odermatt, SAS-Velag, Lausanne 13)
Albrecht
von Haller: Die Alpen Text im Projekt Gutenberg
http://www.haller300.ch/: 1708 -2008:
Albrecht von Haller, Forscher, Dichter, Arzt, Magistrat
Clara Nef (1885-1983)
Aufgewachsen in Herisau. Hotelsekretärin
in schweizerischen Kurorten. Ab 1914 karitativ tätig. 1916 Aufbau der
Sektion von Pro Juventute in Appenzell Ausserrhoden, 1918 Gründung
des Appenzell. Komitees für Schulkinderfürsorge. 1929 Gründerin
und bis 1963 Präsidentin der Frauenzentrale Appenzell Ausserrhoden.
Ab 1932 im Vorstand, 1935-44 Präsidentin, 1944-47 Vizepräsidentin
des Bundes Schweiz. Frauenvereine (BSF). Clara Nef setzte sich im 2. Weltkrieg
für eine humane Flüchtlingspolitik ein und arbeitete beim zivilen
Frauenhilfsdienst mit. Sie vertrat den BSF 1937-48 in der Kommission Friede
und Schiedsgericht des Internationalen Frauenbundes. 1945-55 war sie Präsidentin
des Schweiz. Bundes abstinenter Frauen.
(Quelle:
Historisches Lexikon der Schweiz)
Schatten über unserem
Schweizervolk
Schon seit jenem Tage, während
des Ersten Weltkrieges, da ich unvorbereitet und unerfahren meinen Fuss
auf den Boden der Fürsorgearbeit gesetzt diesbezügliche Schulen
gab es ja damals noch nicht , war mir die verborgene, schleichende Gefahr,
die so viele unseres Volkes bedrängt, die Alkoholsüchtigkeit,
bewusst geworden. In vielen meiner Schützlingsfamilien erfuhr ich aus
verlegenen, klagenden und doch wieder entschuldigenden Worten der Hausfrau
oder aus dem ängstlichen Verhalten der Kinder von der gegen aussen
versteckten Not, die alle andern Schwierigkeiten verschärfte' Aber
einmal sehend geworden, sah ich diese Not nicht nur in Fürsorgefamilien,
ich sah sie auch in bürgerlich korrekten Verhältnissen mit blitzblanker
Fassade, ich sah sie bei mir näher stehenden, lieben Menschen, spürte,
wie eine anfänglich harmlose, aber unmerklich sich steigernde Gewöhnung
zum Bedürfnis wurde, wenn sie auch nie zu Exzessen führte. Und
ich sah auch, wie dies Bedürfnis langsam geistige Frische und unternehmende
Arbeitsfreudigkeit zu lähmen begann, seelisches Gleichgewicht und innere
Harmonie abbaute und wie dadurch auch in gutsituierten Familien das Budget
ungebührlich belastet wurde.
Der erste folgerichtige Schritt war für mich natürlich der eigene
Verzicht, der mir auch nicht schwer fiel und kein Opfer bedeutete, obwohl
in meiner Famille ein guter Tropfen mit Mass genossen ebenso selbstverständlich
zum Leben gehörte wie das tägliche Brot' Ich schloss mich dem
Blauen Kreuz und andern Abstinenten Vereinigungen an, vertiefte mich in
deren Bestrebungen und wurde, nachdem ich das Präsidium des Bundes
Schweizerischer Frauenvereine abgelegt hatte, gebeten, dasjenige des Schweizerischen
Bundes abstinenter Frauen zu übernehmen.
(Quelle: Clara Nef, Im Fluge unsrer Zeit, Aus meinem
Leben, Blaukreuz-Verlag Bern, 1972)
Literatur:
-R. Zürcher, Von Apfelsaft bis Zollifilm, [1997], 109-120
-R. Bräuniger, «Clara N. 1885-1983», in FrauenLeben Appenzell,
1999, 182-194
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