FFF - Natürliche Wirtschaftsordnung


Prof. Dr. Ernst Schneider
(
17. Oktober 1878 - 16. Februar 1957)


Ernst Schneider wurde geboren am 17. Oktober 1878 und ist in aufgewachsen in Bubendorf (BL). Er besuchte das Evang. Lehrerseminar Muristalden (Bern) und war Primarlehrer an der Gesamtschule in Innerberg (Gemeinde Wohlen bei Bern, 1897-1899). Es folgte ein Studium in Bern, Jena und eine psychoanalytische Ausbildung in Zürich.

Die Schweizer waren “Psychoanalytiker der ersten Stunde”. Eugen Bleuler verpflanzte die Psychoanalyse in die Schweiz, machte Jung auf diese aufmerksam und bewirkte zum Beispiel, dass Jung am 25. Januar 1900 vor den der Zürcher Klinik über Freuds Traumlehre referierte.
Ernst Schneider machte bei Oskar Pfister und C.G.Jung psychoanalytische Selbsterfahrungen. Bei seiner erzwungenen Demission als Direktor des bernischen Lehrerseminars durch die Berner Regierung 1916 spielten seine psychoanalytischen Überzeugungen eine wesentliche Rolle, was Freud veranlasste, in seiner 15.Vorlesung zur Einführung in die Psychoanalyse zu sagen, dass “ in der freien Schweiz kürzlich ein Seminardirektor wegen Beschäftigung mit der Psychoanalyse seiner Stellung enthoben worden “ sei. Schneider gab von 1926 an zusammen mit Heinrich Meng die “Zeitschrift für Psychoanalytische Pädagogik” heraus. (Notizen... von Alexander Moser)

1905 wurde Schneider von Regierungsrat Gobat1 zum Direktor des Staatsseminars Bern-Hofwil berufen - gegen die "freisinnige" (konservative) Lehrermafia; die Freisinnigen trafen sich am Ostermontag zu einer Protestversammlung und veröffentlichten eine Resolution. Vorgeworfen wurden Schneider u.a., er sei en Kantonsfremder, zu jung, unerfahren, praktisch und weltanschaulich zu wenig erprobt, Schüler des Seminars Muristalden, Anhänger einer veralteten Pädagogik(?). Ueli Dürrenmatt2, selber ehemaliger Schüler des Seminars, spottete darüber.

Schneider stiess, zum Teil ähnlich wie Stump3 ("Abstinenz, Anarchie, Atheismus"), Ältere und Verfechter des Herkömmlichen vor den Kopf, indem er den Seminaristen viel Freiheit gewährte und Vertrauen schenkte und sie nach den Vorstellungen der sogenannten Arbeits- statt der Lernschule führte. " Man sieht, Ernst Schneider war für Kollegium Hofwil, was Lady Di für die Regenbogenpresse: Klatschobjekt Nr. 1" ("Der Fall Schneider", S. 13).
1907 erschien die erste Nummer der "Die Berner Seminarblätter", später umgenannt in "Die Schulreform".

"O, mir hei ne schöne Ring" ist Generationen von Erstklässlern als Lesebuch bekannt. Schneider war mit den alten Fibeln unzufrieden und schrieb eine neue, die zuerst abgelehnt. Später wurde es etwas "gereinigt" und diente jahrzehntelang als Lehrmittel.

Seine Ansichten zur Schulreform und entsprechende Forderungen empörten Schulinspektoren, Kommissionen und andere Kleinkönige der sich "freisinnig" nennenden Regierungspartei. 1911 kam "die Schale des Zorns zum Überlaufen", so die freisinnigen Lehrer. Aber auch Freunde traten auf: Simon Gfeller, Rudolf Münger, Fred Stauffer.
Empörung schlug ihm als Verfechter der Psychoanalyse Sigmund Freuds und ihrer Betonung des Sexuellen entgegen. Vorgeworfen wurde ihm auch, die Schüler zu Sozialisten statt zu "Freisinnigen" zu erziehen.

1916 musste er "freiwillig" von seinem Amt zurückzutreten.


"Am «Schlafe der Welt» zu rütteln, das ist immer etwas Gewagtes. Die Betroffenen verzeihen dies nicht. Die Nachwelt wird die Überprüfung vornehmen. Ich fühlte mich in meiner Stellung verpflichtet, mich mit dem zu beschäftigen, was auf meinem Gebiete hervorgebracht wurde, um auf das hinweisen zu können, was für die Zukunft bedeutungsvoll erschien. Für mich hiess das, freisinniig zu sein."

Direktor Schneider veranlasste seinen ehemaligen Schüler Fritz Schwarz für den 1915 gegründeten Freiland-Freigeld Bund die Redaktion der Zeitschrift «Freistatt» zu übernehmen, deren erste Nummer am 5. Januar 1917 erschien.

Im Jahre 1918 führte die Freundschaft zwischen Fritz Schwarz und Ernst Schneider zur Schaffung eines Zentrums für fortschrittliche Pädagogik und Schulreform, das unter dem Namen «Pestalozzi-Fellenberg-Haus» in einer Wohnung an der Erlachstrasse 5 in Bern seine Bleibe fand. Fritz Schwarz trug mit dem Pestalozzi-Fellenberg-Haus das reformerische Erbe Schneiders weiter, als dieser 1920 eine Professur in Riga antrat. Die "Schweizerische Pädagogische Gesellschaft" wurde Träger der Zeitschrift "Die Schulreform", Nachfolgerin der "Berner Seminarblätter".

1916 bis 1919 war er Dozent am "Institut Jean-Jacques Rousseau", einer ausseruniversitären Schule der Erziehungswissenschaften.

Schneider wurde 1920 auf den Lehrstuhl für Pädagogik an der Universität in Riga berufen. Im Jahr 1928 wird ihm verboten, in deutscher Sprache zu lehren. In Stuttgart führte er dann bis 1946 eine psychoanalytische Praxis, ab 1946 eine solche in Basel.

Er wurde 16. Februar 1957 in Muttenz von einem Auto überfahren.
(Nach Beat Junker, Geschichte des Kantons Bern seit 1798: Band III, Tradition und Aufbruch 1881-1995, und Schneiders Memoiren)

 

1
Charles Albert Gobat (*21.05.1843 Tramelan; †16.03.1914 Bern) Berner Regierungsrat, 1882-1906 sowie in Vertretung 1908/09 Direktion des Unterrichtswesens (1908 erteilte er Albert Einstein die "venia docendi"), nach Protesten konservativer-xenophober Kräfte gegen seine ausgesprochen frauen- und ausländerfreundliche Hochschulpolitik 1906-1912 Direktion des Innern. 1884-1890 war er Ständerat, 1890-1914 Nationalrat.
Den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erlebte er nicht. Er starb am 16. März 1914 in Bern. Den Freisinnigen (Partei!) seiner Zeit war er stets "eine Art freigeistiger Mitläufer des Sozialismus". Das ist es denn auch, was ihn, die herausragende Figur in der Mediokratie, so rasch und gründlich vergessen liess.
1889 Teilnahme an der Gründungsversammlung der «Interparlamentarischen Union», ab 1892 Leiter des Zentralbüros der Union. Ab 1906 auch Leiter des «Internationalen Friedensbüros». So wurde er zum einflussreichsten europäischen Sachwalter des Friedens. Das «Ständige Internationale Friedensbüro» erhielt 1910 den Friedensnobelpreis.
Schon am 10. Dezember 1902 hatte er zusammen mit Élie Ducommun den Friedensnobelpreis für sein Engagement in der Vermittlung zwischen Romanen und Germanen, für seine Arbeit in der «Interparlamentarischen Union» erhalten.
(Nach "der vergessene friedensnobelpreis für einen schweizer politiker" u.a.)
2 Ulrich Dürrenmatt (*1849 in Schwandacker, Gemeinde Guggisberg; †1908 in Herzogenbuchsee) war ein konservativer Journalist und Politiker im Kanton Bern und der Grossvater von Friedrich Dürrenmatt. Schüler des Lehrerseminars in Münchenbuchsee Weiterbildung zum Sekundarlehrer. Von 1880 bis 1908 war er Redaktor der konservativen Berner Volkszeitung mit Sitz in Herzogenbuchsee, der so genannten "Buchsizeitung". 1882 half er bei der Gründung der konservativen bernischen Volkspartei, vertrat diese 1899 bis 1905 im Gemeinderat von Herzogenbuchsee, 1886 bis 1908 im Kantonsparlament und 1902 bis 1908 im Schweizerischen Nationalrat. Dürrenmatt war ein Vorkämpfer für den öffentlichen Gebrauch der berndeutschen Mundart und wurde bekannt für seine zum Teil in Mundart gehaltenen politischen Gedichte. (Dürrenmatt hatte übrigens mit einer "Seminarinitiative" zu verhindern versucht, dass das Oberseminar nach Bern verlegt wurde, damit die Schüler in der Stadt nicht zum Sozialismus verführt werden...)
3Jakob Stump wurde 1898 als Leiter des Internatsbetriebes gewählt. Er war geprägt von der Friedensbewegung und von der Abstinenzidee und suchte durch Lektüre und auf grossen Wanderungen den Schülern Rätsel und Schönheiten der Natur zu erschliessen, ohne dass er sich von gesellschaftlichen und kirchlichen Traditionen bestimmen liess.


Bedeutende Schüler eines verfehmten Direktors
Schüler von Ernst Schneider, Seminar Bern-Hofwil
Vortrag von
Anton Lindgren, Auszug

"Kurz nach Neujahr 1913 erschien Pfarrer Paul Trechsel aus Lauterbrunnen im Oberseminar, um sich für die nach Ostern beginnende Sommerschule drei tüchtige Lehrer zu sichern. Einen für Wengen, einen für Mürren und einen für Stechelberg. Direktor Schneider wusste ihm drei zu nennen: Paul Pulver, Johannes Walz und Werner Zimmermann. Das Trio wirkte von 1913 bis 1919 im Lauterbrunnental und krempelte den Unterricht an seinen Schulen um.

Was unternahmen die drei Junglehrer, als sie 1919 das Lauterbrunnental verliessen?
Paul Pulver bezog die Universität, wurde Sekundarlehrer, unterrichtete an der höheren Mädchenschule Monbijou und dann am Seminar Thun, doktorierte 1936 in Geschichte und Psychologie und beschloss seine Laufbahn 1964 als Direktor der Lehramtschule für Sekundarlehrer an der Universität Bern.

Der Aufbruch Werner Zimmermanns aus der Enge des Trogtals war, wie sein Schlusssatz vom Hinabsteigen «auf den Urgrund der Natur» im erwähnen Artikel vermuten lässt, dramatischer, jedoch nicht unvorbereitet. Zimmermann versuchte, konsequent nach dem zu leben, was er für richtig hielt. So hatte er bereits auf Alkohol und Nikotin verzichtet, um seinen Schülern kein schlechtes Beispiel zu geben. An einem Ferienkurs mit Dr. Schneider lernte Werner Zimmermann einen Wandervogel kennen, mit goldenem Reif im Haar, Tutti, die jüngste Tochter Silvio Gesells. Er besuchte die Familie auf ihrem Bauernhof in Les Hauts- Geneveys, genoss dort sein erstes Birchermüesli, studierte dann Schriften zu Freiwirtschaft und Lebensreform, wurde Vegetarier und trat 1915 dem eben gegründeten Schweizer Feiland-Freigeld-Bund bei.

Um die Festigkeit seiner Ideale zu erproben, brach er die Brücken hinter sich ab, gab seine Stelle auf, zahlte den Eltern alle Ausbildungskosten zurück und machte sich im Mai 1919 mit der restlichen Barschaft in der Tasche und seinem grossen Rucksack auf dem Rücken auf die Reise nach Westen. Von den anderthalb Jahren als Wanderarbeiter in Nordamerika bis hinauf nach Alaska erzählte er 1921 in seinem ersten Reisebuch. Es trug den Titel «Weltvagant». Otto von Greyerz schrieb darüber im « Bund» begeistert: «Wenn je einer mit tausend Masten in den Ozean hinausschiffte, so ist es dieser Jüngling» , er musste «eintauchen in das Meer des Lebens und der Leidenschaften, um seines Wesens Kern auf die Probe zu stellen; Arbeit und Seelennot des Proletariers miterleben, um die grossen Menschheitsfragen zu ergründen, sich selbst erkennen, um sich selbst bekennen zu dürfen.»
Im folgenden Winter hielt Zimmermann an der Volkshochschule Bern Vorträge über Erziehungsfragen, aus denen 1922 «Lichtwärts, ein Buch erlösender Erziehung» entstand, das eine Auflage von über 50'000 Exemplaren erlebte.

1929/31 erste Weltreise. Sie bescherte Zimmermann in Japan die Begegnung mit Obara, der sämtliche Werke Pestalozzis ins Japanische hatte übersetzen lassen und 40 km südwestlich von Tokio das vom Kindergarten bis zur anerkannten Hochschule reichende Privatschulinstitut Tamagawa leitete; in Indien die Begegnung und Freundschaft mit Mahatma Gandhi. Beide begleitete er 1931 auf ihren Reisen durch Europa. Drei weitere Weltreisen folgen 1949/50,1953 und 1957/58 mit ebenso wichtigen und originellen Begegnungen.

In Amerika, in den nordischen Ländern, auf deutschen Geländen der Freikörperkultur, später in Japan und auf Bali, gewann Zimmermann, der sich, wie wir hörten, schon als junger Lehrer mit der sexuellen Frage auseinandersetzte, ein neues Verhältnis zur natürlichen Nacktheit und zum Liebesleben des Menschen. In seinem Haus «Seemätteli» in Ringgenberg begann er den Tag auch im kalten Winter mit einem kurzen Bad im See, werkte bei sonnigem Wetter unbekleidet in Haus und Garten und ging halsfrei gekleidet, barfuss oder in Sandalen, durchs Land.

Sein Einsatz für Abstinenz, Vegetarismus, Freiwirtschaft, Freikörperkultur und Offenheit gegenüber sexuellen Problemen, wie sein Auftreten, bewirkten Anerkennung wie Ablehnung, verschafften ihm Freunde und Feinde. Alles in allem: ein Sonderling von besonderem Rang, der die propulsive Seite seines Lehrers Schneider voll auslebte und an dem sich die Geister schieden. Er starb anfangs September 1982. Der «Bund» widmete ihm einen differenzierten Nachruf, der «Tagesanzeiger» titelte: FKK-Pionier gestorben.

Der dritte im Bunde, Johannes Walz, zog nach Brienz, wo er mit Schwung und Idealismus als Lehrer weiterwirkte. Er war Mitbegründer des Schweizer Freiland-Freigeld-Bundes, an dessen Versammlungen man seine mit wohltönendem Bass in urchiger Brienzermundart abgegebenen Voten gerne hörte. Am 2. Januar 1957 schrieb er Fritz Schwarz zum 70. Geburtstag:
«Für die meisten Menschen war damals (1917) eine hoffnungslose, düstere Zeit: Krieg, Inflation und Not. Wir jungen Schulmeister aber, die im Kielwasser unseres hochgeschätzten Lehrers Dr. Ernst Schneider segelten, wir spürten verpflichtende Morgenluft einer schöneren und besseren Zukunft.»"

Fritz Schwarz stammte aus einer Bauernfamilie auf dem Krautberg in der Gemeinde Obertal. Er hatte die Primarschule besucht und erregte bei der Aufnahmeprüfung in Hofwil grosse Heiterkeit, als er den ersten französischen Text, den er in seinem Leben sah, vorzulesen versuchte. Der sehr wissbegierige Knabe hatte sich aber neben der Schule durch Lektüre so viele Kenntnisse angeeignet, dass er die Prüfung trotzdem bestand. Daheim meinte der Knecht Gottfried dazu: «Das hab' ich schon gedacht, dass er aufgenommen wird. Er hat doch jeden Papierwisch (er nannte ein sehr drastisches und unmissverständliches Wort) noch durchgelesen, bevor er ihn brauchte!»
Beim Lesen des Lebensberichts «Wenn ich an meine Jugend denke» von Fritz Schwarz weiss man nicht, was einen bei diesem jungen Menschen mehr erstaunt; der Lernhunger und die Aufnahmefähigkeit oder die Gabe, Erlebtes gedanklich selbständig zu verarbeiten und ihm auf den Grund zu gehen.

Am Oberseminar war ihm der neue Direktor Ernst Schneider sofort sympathisch, weil er im Gegensatz zu den sich betont ernst gebenden andern Lehrern fröhlich lachen konnte. Von seinem Unterricht sagt Schwarz: «Die Unterrichtsstunden von Dr. Ernst Schneider zeichneten sich durch eine klare und leicht verständliche Darstellung aus. Kein Fremdwort ohne ausreichende Erklärung, alles war folgerichtig aufgebaut. Hinzu kam eine flüssige, spannende Darbietung. Endlich aber entstand an der Wandtafel der klare Aufbau der ganzen Stunde. Schrieb man dieses Skelett der Lehrstunde ab, was nicht viel zu tun gab, und las man es nachher durch, so stand einem alles wieder deutlich vor Augen. Als Lehrer habe ich später versucht, ebenso vorzugehen.»

Fritz Schwarz wurde durch Jugenderlebnisse wach für wirtschaftliche Fragen. Als kleiner Knabe sah er, wie sein älterer Bruder zwei Viehhändler mit der Peitsche vom Hof vertrieb, weil sie für die Kühe so erbärmlich niedrige Preise anboten. Später ging er der Sache nach und begriff den Vorgang als Erscheinung der damals herrschenden Deflation. Er veröffentlichte in der «Schulreform» einen Artikel mit dem Titel « Zur Geschichte der Siebziger und Achtzigerjahre» (des 19. Jahrhunderts). Darin zeigte er, dass damals das Entstehen von Deflation und Inflation von Verknappung oder Vermehrung der Geldmenge abhingen. Er folgerte daraus, Deflation und Inflation seien nicht Naturereignisse, sondern könnten durch Manipulation der Geldmenge erzeugt oder vermieden werden.
Ein Nachbar der Familie Schwarz konnte seinen Unwillen über die sinkenden Preise nicht einfach mit der Peitsche abreagieren. Er geriet in Konkurs. Vater Schwarz, der ihm Bürge gewesen war, musste seinen Hof samt den Schulden übernehmen. Fritz Schwarz erinnert sich: «Als ich 1903 ins Lehrerseminar eintrat, musste ich nachher oft eine Schweinsblase voll Gold und Silbermünzen mit mir nach Bern nehmen, um sie dort beim Sachwalter eines grossen Gläubigers abzuliefern. Das war das Geld, das wir für verkauftes Vieh, für abgelieferte Milch, für Kartoffeln und Obst erhalten hatten. Für mich hat damit das Wort `Zins' eine sehr reale Bedeutung bekommen.» Von da an hasste und bekämpfte Schwarz Deflation und Zins sein Leben lang.

Fritz Schwarz, der nach kurzer Zeit als Primarlehrer weiterstudiert hatte, und von 1912 an in Schwarzenburg als Sekundarlehrer wirkte, war auf die Erklärungsmöglichkeit seiner Beobachtungen aufmerksam geworden, als er in der Buchhandlung Francke auf Theophil Christens Schrift «Die Kaufkraft des Geldes und ihre Bedeutung für die Volkswirtschaft» stiess. Von da führte ihn die Lektüre zu Silvio Gesells «Die natürliche Wirtschaftsordnung». Kurz nachher besuchte Direktor Schneider seinen ehemaligen Schüler und veranlasste ihn, für den soeben gegründeten Freiland-Freigeld Bund die Redaktion der Zeitschrift «Freistatt» zu übernehmen, deren erste Nummer am 5. Januar 1917 erschien.
Im Jahre 1918 führte die Freundschaft zwischen Fritz Schwarz und Ernst Schneider zur Schaffung eines Zentrums für fortschrittliche Pädagogik und Schulreform, das unter dem Namen «Pestalozzi-Fellenberg-Haus» in einer Wohnung an der Erlachstrasse 5 in Bern seine Bleibe fand.

Schwarz tat 1919 den kühnen Schritt: Er verliess seine sichere Stelle in Schwarzenburg, wurde Geschäftsführer des Pestalozzi-Fellenberg-Hauses und besorgte das Sekretariat sowohl des Freiland-Freigeld-Bundes wie das der damals ebenfalls gegründeten SPG «Schweizerische Pädagogische Gesellschaft». Damit waren die Würfel für das weitere Leben gefallen: Fritz Schwarz trug mit dem Pestalozzi-Fellenberg-Haus das reformerische Erbe Schneiders weiter, als dieser 1920 eine Professur in Riga antrat.

Praktisch ohne festes Einkommen, so dass bei Familie Schwarz oft Schmalhans Küchenmeister war, setzte Schwarz seine grosse Arbeitskraft für die Verwirklichung der idealen Ziele von Schul-, Geld- und Bodenreform ein.

Vom Krautberg her an frühes Tagwerk gewohnt, sass Schwarz oft schon um 4 Uhr am Schreibtisch. So konnte es passieren, dass er dem Drucker zwischen 5 und 6 früh anläutete, fröhlich meldete, das Manuskript sei bereit, der Laufbursche könne es abholen und dann erstaunt vernahm, er müsse sich noch etwas gedulden, der junge Mann schlafe noch.
Ich deute von dem Vielen, was Schwarz leistete, etwas an:

- er gab die «Schulreform» weiter heraus

- er redigierte die «Freistatt», aus der dann die «Die Freiwirtschaftliche Zeitung» und später die Zeitung «Freies Volk» wurde

- er leitete den Pestalozzi-Fellenberg-Verlag, wo er u.a. Werke von Alfred Fankhauser und C.A. Loosli herausbrachte. Dieser schrieb Schwarz zum 70. Geburtstag: «Zur Zeit, da ich, in Acht und Bann stehend, in denkbar schlimmster Notlage, meine schriftstellerische Tätigkeit unheilbar gefährdet sah, haben Sie - Sie allein, den Mut aufgebracht, mich Verfemten zu verlegen und mir damit zu ermöglichen, weiter zu schaffen und zu leben.»

- er war von 1934 bis 1958 ein aktives und hochgeachtetes Mitglied des Berner Grossen Rates und seit 1936 auch des Stadtrates

- er trat in unzähligen Zeitungsartikeln und im ganzen Land herum mit Vorträgen für das ein, was er als wahr und gerecht erkannt hatte.

Von seinen Schriften seien hier nur die zwei Bände «Segen und Fluch des Geldes in der Geschichte der Völker» erwähnt, wo er als erster Rolle und Bedeutung des Tauschmittels Geld für Wirtschaft, Krieg und Frieden herausarbeitete. Ein auch heute noch lesenswertes Werk!

Die Ideen der Freiwirtschaftsbewegung konnten sich in der Geldpolitik 1936 bei der Abwertung des Schweizerfrankens, die eine wesentliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation bewirkte, durchsetzen. Dagegen verloren die sich nun Liberalsozialisten nennenden Freiwirtschafter mit ihrer 1949 lancierten Kaufkraftinitiative wohl die Schlacht, gewannen aber den Krieg, indem die Schweizerische Nationalbank nun verpflichtet ist, die Geldmenge so zu steuern, dass der Lebenskostenindex konstant bleibt. Das hat der Schweiz in den letzten Jahren, im Vergleich zu anderen Staaten, eine geringe Inflation und einen hohen Beschäftigungsgrad ermöglicht.

Fritz Schwarz, der am 17. November 1958 einer Herzkrise erlag, durfte diesen Erfolg seiner Bemühungen nicht mehr erleben. Wir alle aber haben seinem Einstehen für Wahrheit und Gerechtigkeit viel zu verdanken...

(Der Schüler Fritz Schwarz hat eine eigene Seite.)


1984 habe ich in meinem Vortrag «Das bernische Staatsseminar unterwegs von Münchenbuchsee auf die Lerbermatt» mehr ahnend als wissend gesagt, mit Direktor Schneider sei in der bemischen Pädagogik ein Aufbruch zu neuen Ufern erfolgt. Heute haben wir keinen Grund mehr, daran zu zweifeln.
Schneider hat diesen Aufbruch in einer heileren Umwelt eingeleitet und durfte seine Schüler «verpflichtende Morgenluft einer schöneren und besseren Zukunft» spüren lassen.

(Quelle: Anton Lindgren, Beutende Schüler eines verfehmten Direktors, Vortrag gehalten an der Jahresversammlung der Vereinigung Ehemaliger Schüler des Staatsseminars Bern-Hofwil vom 28.12.1987, in "Der Fall Schneider".
(Für diese Seite habe ich nur die politisch tätigen Schüler ausgewählt, die ich noch kannte.webmaster
( Ernst Brönnimann war wie Ernst Schnneider Lehrer im Innerberg; ich kannte ihn und seine Familie, da im Innerberg die Nachbarschule zu meinem Schulort lag.)

Brönnimann Lebenslauf des Ernst Brönnimann
alt Lehrer, Thun, 1897-1981

"All' Morgen ist ganz frisch und neu, des Herren Gnad' und grosse Treu ..."

Mit diesem Lied hat Ernst Brönnimann in all den Jahren seiner Lehrertätigkeit seine Schulstunden begonnen. Das Lied war zugleich eine Art Leitmotiv seines Lebens überhaupt. Das Danken war ihm ein wichtiges Anliegen; am Morgen als erstes, am Abend als letztes und vor jeder Mahlzeit.

Im Gotthelfdorf Lützelflüh wurde Ernst Brönnimann am 14.April 1897 seinen Eltern Rudolf und Anna Elisabeth geb. Michel als drittjüngstes von 10 Kindern geschenkt Dort verbrachte er seine Kindheit und frühe Jugendzeit, wobei zwei Ereignisse diese überschattet haben: Durch Verbrennungen mit einer Petroleumlampe erlitt seine Mutter schwere Brandverletzungen und der Anblick seiner mumienhaft einbandagierten Mutter bewirkte beim 5 jährigen Ernstli einen derartigen Schock, dass er für 3 Wochen die Sprache verlor Und ihm danach zeitlebens eine leichtere Sprachbehinderung zurückblieb. Ein Jahr später haben die 10 Kinder ihren Vater verloren - eine schwere Zeit für die ganze Familie setzte ein. Ernst musste regelmässig vor und nach der Schule in, der Backstube seines Onkels mitarbeiten und für Schularbeiten blieb wenig Zeit. Mag wohl darin die Wurzel des schönen und sehr ausgeprägten Zusammengehörigkeitsgefühls der Brönnimann Familie liegen? -

Trotz der knappen Zeitaufwendungen, die Ernst für die Schule blieben, entdeckte ein Lehrer seine Begabungen und ermutigte ihn, die Aufnahmeprüfung ins Lehrerseminar Hofwil zu wagen. Zur grossen Freude der ganzen Familie konnte er 1914 dort eintreten. Im Jahre 1917 wurde er patentiert - in einer Zeit, da es ausgesprochen schwierig war, eine Anstellung zu finden. Es folgten 2 Jahre Stellvertretungen, die eindrücklichste davon war eine Doppelstelle an den beiden Gesamtschulen Guttannen und Boden. Ab und zu musste die Schule im Boden (die er am Nachmittag betreute) ausfallen, weil der Weg dorthin wegen der Breitlaui unpassierbar war und bis weit in den Sommer hinein führte der Schulweg durch einen Tunnel im Lawinenkegel.

1919 wurde Ernst Brönnimann an die Gesamtschule Innerberg (Gemeinde Wohlen) mit damals 57 Kindern - alle in einer Schulstube - gewählt. Seine Lehrertätigkeit, die er mit voller Hingabe ausübte, würdigte der damalige Schulkommissionspräsident Fritz Staub in einem Arbeitszeugnis aus dem Jahre 1926 mit folgenden Worten: Zitat "Herr Ernst Brönnimann hat die Gesamtschule in Innerberg in geradezu musterhafter Weise geführt und wir sind mit seinen tüchtigen und segensreichen Leistungen in der Schule sehr zufrieden. Herr Lehrer Brönnimann besitzt die Gaben eines Jugenderziehers in vollem Masse, er versteht es die Kinder in verständlicher und anschaulicher Weise zu unterrichten, Disziplin zu halten und die Schule auf die Höhe der Zeit zubringen. Sein bescheidenes, anspruchsloses Wesen, seine Betätigung als Bürger hat ihm die volle Sympathie der hiesigen Bewohner eingetragen."

Im Schulhaus Innerberg fanden auch seine Mutter und 3 seiner 7 Schwestern ein Zuhause. Immer wieder verbrachten Nichten und Neffen aus Morges, Zuchwil, Bern, Bolligen und Steffisburg einen Teil ihrer Schulferien bei Onkel Ernst im Innerberg. Damit wurde das Zusammengehörigkeitsgefühl der grossen Brönnimann-Familie weiter vertieft. Nebst seiner Schularbeit übernahm er verschiedene Ämter und Aufgaben im Dorf; ein wichtiges Anliegen war ihm der Samariterdienst. Mit vielen, zum Teil schweren Verletzungen kamen die Innerberger zum Lehrer auf den Samariterposten, um sich verarzten zu lassen.

Den Ausgleich zu seiner vielseitigen Tätigkeit fand er in Reisen, bei Bergtouren und Wanderungen mit Freunden und Angehörigen und mit Päuli, seiner jüngsten Schwester. Besonders erwähnenswert sind Blümlisalphorn und Dufourspitze. Mit 40 Jahren begegnete der vielbeschäftigte Schulmeister - Junggeselle - seiner zukünftigen Lebensgefährtin Johanna Hiltbrand aus Thun. Im August 1937 heirateten die beiden und im Verlauf der nächsten Jahre wurden Ihnen 5 Kinder geschenkt. Als ernster, recht strenger Vater und Lehrer nahm er sich Zeit, uns Kindern auf Spaziergängen und Wanderungen vieles zu erzählen aus Geschichte, von seinen Reisen und Erlebnissen und aus seiner Militärdienstzeit. Schutz, Liebe und Respekt vor der Natur war ihm ein Anliegen, lange bevor die breite Öffentlichkeit davon sprach. Diese Haltung hat er nicht nur seinen Schülern, sondern auch seinen eigenen Kindern mitgegeben.

Als Heranwachsende hatten die Kinder auf der anderen Seite jedoch auch des öftern Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen mit ihrem Vater, da der Generationenunterschied in der Familie ziemlich ausgeprägt war. Oft waren deshalb alle froh über die vermittelnde Haltung der Mutter.

Im Jahre 1955 - ein Jahr nach der Geburt der jüngsten Tochter Ursula - wurde die Gesamtschule Innerberg aufgehoben. Die Schulen der beiden Dörfer Innerberg und Murzelen wurden zusammengelegt und auf dem Sandbühl ein neues Schulhaus und Lehrerhaus gebaut. Dort unterrichtete er noch 8 Jahre bis zu seiner Pensionierung 1963. In diesen letzten Lehrerjahren besuchten Kinder die Schule, deren Grosseltern und Eltern schon von Lehrer Brönnimann unterrichtet worden waren.

Mit dem Ruhestand war auch ein Abschied aus der ihm ans Herz gewachsenen Gegend Innerberg-Murzelen verbunden. Brönnimanns zogen 1963 hierher nach Thun, die Stadt der Jugend von Mutter Johanna. Einen alten Baum verpflanzen ist nicht einfach und so dauerte es einige Zeit, bis seine Wurzeln wieder Boden fassen konnten.

Auch in seinem dritten Lebensabschnitt konnte Ernst Brönnimann - dank seinen vielfältigen Begabungen - ein ausgefülltes Leben führen. Bis zu seinem 80. Lebensjahr sang er mit Begeisterung in der Kantorei mit und oft war er mit Zeichenblock, Stift und Klappstuhl unterwegs und zeichnete in der freien Natur. Das Zusammensein mit seinen pensionierten Lehrerkameraden, die Reisen nach Frankreich, Israel und 1974 nach Afrika und zu den Waldensern gaben seinem Leben eine neue Bereicherung. Auch nahm er regelmässig an den Militärtagungen teil, an welchen er seine vielen Erlebnisse aus dem Aktivdienst in den beiden Weltkriegen - er war bei Schützen 3 und Ter Füs Kp II 170 eingeteilt - mit seinen Kameraden austauschen konnte. Bis ins hohe Alter nahm er auch mit Interesse teil an Politik und Weltgeschehen. Die Ausübung dieser vielfältigen Interessen war nur deshalb möglich, weil Ernst Brönnimann über eine erstaunlich gute Gesundheit verfügte, auch von einem Spitalaufenthalt im vergangenen Frühjahr hatte er sich erstaunlich rasch erholt. Dazu kam, dass Ernst Brönnimann sich von einem tiefen Glauben getragen wusste, welchen er mit seiner Lebensgefährtin in innigstem Sinne teilen konnte. Auch in der Kinder­erziehung war Religion im weitesten Sinn Grundbestandteil und Anliegen der beiden Ehegatten.

Am Freitag, 19. Dezember 1981, als Ernst Brönnimann unterwegs war in seiner alten Heimat Innerberg-Murzelen um Missionsblättli zu verteilen, wurde er nach Einbruch der Dunkelheit von hinten von einem Auto angefahren und musste schwerverletzt ins Tiefenauspital eingeliefert werden. In der Zeit des Spitalaufenthaltes erlebte er das volle Bewusstsein nur noch für kurze Momente. Doch durfte er auch diese letzten Tage in fast ständiger Anwesenheit seiner Nächsten verbringen. Auch in den letzten Stunden vor seinem Tod war er nicht allein, sondern konnte im Beisein seiner Gattin und der beiden jüngsten Kinder, die ihn mit Worten aus der Bibel und mit Liederversen begleiteten, in die Ewigkeit eingehen.
 

Publikationen:
- Beiträge zur Geschichte des Bernischen Staatsseminars, Der Fall Schneider, Herausgegeben von der Vereinigung Ehemaliger Schüler des Staatsseminars Bern-Hofwil
- Ernst Schneider, Aus meinen Lern- und Lehrjahren
- Fritz Schwarz, Wenn ich an meine Jugend denke (Auszug)
- Werner Schmid, Fritz Schwarz, Lebensbild eines Volksfreundes
- Kaspar Weber: «Es geht ein mächtiges Sehnen durch unsere Zeit». Reformbestrebungen der Jahrhundertwende und Rezeption der Psychoanalyse am Beispiel der Biografie von Ernst Schneider
 

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