Übers Bügelbrett gestolpert, beim Einzelrichter gelandet

Es begann mit einem Bügelbrett, verschneuzten Taschentüchern, dreckigen Jeans. Und endete mit einer Gefängnisstrafe

Von Chris Winteler
«Bringen Sie Ihre Frau dazu, den Strafantrag zurückzuziehen. Und wir vergessen die ganze Sache», riet Einzelrichter Ernst Zweifel dem Angeklagten. Mit diesem Fall solle das Gericht nicht weiter bemüht werden. Richter Zweifels «unkonventionelle Lösung» sieht vor: Herr Maurer (Name geändert) solle der Frau ein grosszügiges Schmerzensgeld anbieten und ihre Anwaltskosten übernehmen, «jetzt nur nicht schmürzelig sein», sagte der Richter (TA vom 9. 11. 02). Frau Maurer (Name geändert) ging nicht auf den Deal ein. Sie will kein Geld von ihrem Mann. Wäre sie darauf eingestiegen, bliebe doch ein schaler Beigeschmack. «Die war eben doch nur aufs Geld aus.» «Es war offenbar doch nicht so schlimm.» «Die haben sich also wieder versöhnt.» Solche Sprüche wollte sie sich nicht anhören.
Schon mehrmals war Frau Maurer in den vergangenen Jahren wegen ihm auf dem Polizeiposten immer hat sie die Strafanzeigen wieder zurückgezogen. Doch diesmal sollte das Strafverfahren zu Ende geführt werde.
Was war passiert an jenem Tag im März letzten Jahres? Das Bügelbrett stand mitten in der Stube. Schon seit Tagen. Es störte Herrn Maurer gewaltig. Er bat seine Frau, es doch endlich wegzuräumen. Am Abend, als er aus dem Fitnesscenter kam, wars noch immer da. Zudem lagen auf dem Sofa neun Taschentücher. Alle von der Frau verschneuzt. «Das ist einfach gruusig», sagte er. «Gruusig? Das ist gruusig», antwortete sie und hielt ihm seinen Wäschesack mit den Arbeitsjeans vors Gesicht. «Mindestens vier Monate nicht gewaschen, du Sauhund.» Und zog ihm den Wäschesack über den Kopf. Er zerrte ihr den Sack aus den Händen und rannte los, quer durchs Haus und wieder retour in die Stube. Sie dicht an seinen Fersen, auf seinen Rücken boxend. Schliesslich setzte er sich wieder aufs Sofa unter sich der Wäschesack. Er habe sie nur abgewehrt, sagte der 65 Jährige vor Gericht. Gewürgt habe er die Frau nie. «Und die acht mal sechs Zentimeter grossen Hämatome an den Oberarmen, die roten Flecken am Hals?», fragte der Richter. Die Male habe sie sich selber zugefügt. Sie habe schnell mal blaue Flecken.
Dass er seine Frau eine «Drecksfige» genannt habe. das wäre schon möglich das sei sie ja auch. Wenn sie getrunken habe, benehme sie sich ekelhaft. Seit Jahren würde sie ihn provozieren, da «verjage» es einen halt einmal. «Verjagt» genau das sei offensichtlich passiert, befindet Richter Zweifel im nun veröffentlichten schriftlichen Urteil. Er glaubt der Schilderung der Frau, die während des Gerangels um den Wäschesack «nicht erheblich angetrunken» gewesen sei. Die Frau habe Todesängste ausgestanden, als er sie gewürgt, mit dem Tod bedroht habe. Wieso sonst hätte die Geschädigte ihre Söhne zu Hilfe gerufen, sich ins Universitätsspital begeben und eine Strafanzeige erstattet?

Ein Monat Gefängnis bedingt

Herr Maurer wird mit einem Monat Gefängnis auf Bewährung bestraft. Zwei Monate weniger als von der Anklage gefordert. Wirklich zufrieden könne Frau Maurer mit dem Urteil nicht sein, lässt ihre Anwältin ausrichten. Dennoch sei sie froh, habe sie das ganze durchgezogen. Vielleicht sei das Herrn Maurer ja nun eine Lehre. Über das Bügelbrett in Frau Maurers Stube wird er sich jedenfalls nicht mehr aufregen müssen - die beiden werden bald geschieden.

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