Werner Schmid (WSZ)
Schutz der politischen Häftlinge (1951!)
In seinem letzten Amtsjahr als Nationalrat reichte der Freiwirtschafter
Werner Schmid (WSZ) eine Motion ein, die ein weltweites Echo auslöste:
«Der Bundesrat wird eingeladen, den Abschluss einer internationalen
Konvention zum Schutze politischer Häftlinge in die Wege zu leiten.»
Der Vorstoss wurde schon bei Einreichung von 76 Ratsherren unterstützt
und fand einhellige Zustimmung bei Rat und Regierung.
Johannes Merz bringt in seiner Broschüre "Werner Schmid
- ¼ Jahrhundert Parlamentsarbeit" (Liberalsozialistische Partei
der Schweiz, Bern 1972) Ausschnitte aus der Begründung, die WSZ im
Frühjahr 1971 vortrug:
«Wenn wir in unserer Jugendzeit von unsern Lehrern in Museen und
alte Schlösser geführt wurden und dort die Folterwerkzeuge und
Folterkammern sahen, dann überlief uns ein kaltes Grauen. Niemand
von uns hätte gedacht, dass es wieder einmal so weit kommen könnte.
Die schwedische Schriftstellerin Ellen Key hat zu Beginn unseres Jahrhunderts
ein Buch geschrieben: "Das Jahrhundert des Kindes." Sie hat
sich arg getäuscht. Es ist ein Jahrhundert der Gewalt, der Brutalität,
der Folter geworden. Schon der Umstand allein, dass es politische Gefangene
gibt, ist bedrückend . . . . Nicht genug damit, dass sie aus ihrer
Familie gerissen wurden, werden sie noch gequält, gemartert, gefoltert,
misshandelt in der abgründigen Verlassenheit ihrer Zellen . . . .
Es gibt Länder in allen Kontinenten, in denen gefoltert wird, es
wird diesseits und jenseits des Eisernen Vorhanges gefoltert.
Dürfen wir, wenn solches geschieht in der Welt, schweigen? Wir dürfen
es nie und nimmer. Kann die Neutralität uns hindern, für Menschenrecht
und Menschenwürde ein zu stehen? Nie und nimmer. Hier ist uns die
Kainsfrage gestellt: "Soll ich meines Bruders Hüter sein?"
Wir sollen es sein . . . . Diese humanitäre Aufgabe muss auch und
vor allem von der Schweiz gelöst werden . . . . Die Seltenheit eines
solchen Schrittes gibt ihm doppeltes Gewicht. Es handelt sich um eine
Fortsetzung der Rotkreuz Idee.»
Nachdem der Redner den Inhalt der Konvention skizziert hatte (Verzicht
der Staaten auf Folterung, ordentliches Gericht, menschenwürdige
Unterkunft, ärztliche Betreuung, zentrales Register aller solchen
Häftlinge, internationale Kontrollinstanz mit Inspektionsrecht),
fuhr er fort:
«Wir wollen die Schwierigkeiten . . . nicht unterschätzen,
aber sie sollen uns Ansporn sein, sie zu unternehmen. Der Umstand, dass
die Aktion von der Schweiz aus eingeleitet wird, hätte allein schon
eine präsumtive Wirkung. Die Zustimmung zu dieser Motion, die aus
aller Welt erfolgte, dass sie ein positives Echo gefunden hat...»
Werner Schmid (1898-1981) zeichnete seine Leitartikel
in den Organen "Die Freiwirtschaftliche Zeitung" und "Freies
Volk" mit "WSZ". 1924-1956 war er Primarlehrer, 1956-1963
leitet er das von Gottlieb Duttweiler gegründeten "Büro
gegen Amts- und Verbandswillkür". Er gehörte als Freiwirtschafter
1942-1946 und 1958-1959 dem Zürcher Stadtparlament und 1943-1947
und 1959-1965 dem Zürcher Kantonsrat an. Von 1947-1951 und von 1962-1971
war er Nationalrat.
Werner
Schmid, 1898 - 1981
Werner Schmid wurde am 6. 11.
1898 in Zollikon ZH geboren, durchlief 1914-18 das Lehrerseminar Küsnacht,
betätigte sich als Schauspieler, amtete 1924-28 als Lehrer in Kempten-Wetzikon
und von 1928-56 in der Stadt Zürich. In den Jahren 1956-73 leitete
er das von Gottlieb Duttweiler neu geschaffene "Büro gegen Amts-
und Verbandswillkür". Ab 1963 lebte er als freier Schriftsteller
und Journalist.
Die politischen Wirren nach
dem ersten Weltkrieg weckten seine politische Leidenschaft. Mitglied der
Sozialdemokratischen Partei, wurde er mit den Ideen von Leonhard Ragaz
bekannt, stiess aber dann auf die Lehre von Silvio Gesell, deren überzeugter
und gewandter Vertreter er wurde. In zahllosen Artikeln, Flugschriften,
Broschüren und Vorträgen trat er für eine Gesellschaft
Freier und Gleicher ein.
Mit Vehemenz führte er
in Wort und Schrift den Kampf gegen den Nationalsozialismus, wo er den
Fröntlern die Stirn bot. Er setzte sich für eine grosszügige
Flüchtlingspolitik ein. 1975 wurde ihm von der "Liga für
Menschenrechte" die Ehrenmitgliedschaft zuerkannt.
Er gehörte dem Zürcher
Gemeinderat (1942-46), dem Zürcher Kantonsrat (1943-47) und dem Nationalrat
an (1947-51 und 1962-71), wo er stets aufmerksame Zuhörer fand. Er
war Ehrenpräsident der Liberalsozialistischen Partei der Schweiz
(LSPS).
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