Fritz Schwarz
1. Mai 1887 bis 17. November 1958
Der Gerechtigkeit
Frucht wird Friede sein.
Jesaja 32, 17
Fritz Schwarz
: Berner, Lehrer, Freiwirtschafter, Politiker, Parteisekretär, Redaktor,
Wanderprediger, Journalist, Verleger, Grossrat, Stadtrat
Siehe Seite Fritz Schwarz
Berner:
Fritz Schwarz ist im Kanton Bern geboren und aufgewachsen, hat Schulen
und Universität in Bern besucht und war beruflich und politisch im
Kanton Bern tätig. Sein Wirken ging aber weit über die Kantonsgrenzen
hinaus.
Lehrer: Fritz Schwarz wurde am Staats-Seminar in Hofwil/Bern
zum Primarlehrer und an der Universität Bern zum Sekundarlehrer ausgebildet.
Er unterrichtete an den Primarschulen in Arni bei Biglen und Ostermundigen.
1912-1919 war er Sekundarlehrer in Schwarzenburg. Als Leiter des Pestalozzi-Fellenberg-Hauses
(ab 1918) und Redaktor der "Schulreform" blieb er weiterhin
pädagogisch tätig.
Politiker: Mit Schreiben und Reden, später auch
als Parlamentarier, kämpfte er für die Freiwirtschaft und andere
soziale Anliegen, gegen Inflation und Deflation, gegen Gold und Zins und
andere Ungerechtigkeiten.
Freiwirtschafter:
Durch die Lektüre der Schrift von Dr. Theophil Christen1
"Die Kaufkraft des Geldes und ihre Bedeutung für die Volkswirtschaft"
und den Kontakt mit seinem Seminarlehrer Dr. Ernst Schneider 2
fand er in den Ideen von Silvio Gesell "Die
natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld"
die Lösung für die sozialen Probleme, die er in der Sozialdemokratie
vergeblich gesucht hatte. Die Freiwirtschaft wurde für ihn Berufung
und Beruf. (F.F.F. = Freiland, Freigeld, Festwährung)
Parteisekretär: Er war als Geschäftsführer
der freiwirtschaftlichen Bewegung eigentlich "Parteisekretär",
aber ohne dessen festes Gehalt, im Gegenteil... Zuerst "Schweizer
Freiland-Freigeld-Bund" [auch "Freiland- und Freigeld-Bund"]
1915 gegründet, ab 1924 "Schweizer Freiwirtschaftsbund",
ab 1946 "Liberalsozialistische Partei (LSPS)".
Pestalozzi-Fellenberg-Haus: 1918 gründeten Schneider
und Schwarz das "Pestalozzi-Fellenberg-Haus". Im Herbst 1919
gab Schwarz seine Stelle in Schwarzenburg auf und lebte in Bern mehr für
als vom P.F.H. Als Schneider 1920 nach Riga berufen wurde, blieb
Schwarz allein zurück. Ab 1925 war "Schwarztorstrasse 76"
das Zentrum für Freiwirtschaft, Schulreform (Schweizerische Pädagogische
Gesellschaft), Verband der Abstinentenvereine der Stadt Bern, Liga für
Menschenrechte und des Coué-Institutes Bern.
Redaktor: 1917 wurde er Redaktor der Zeitschrift "Die
Freistatt - Zeitschrift für Kultur und Schulpolitik" (bis 1921),
zeitweise "Der Freigeldler" - 1922 "Das Freigeld: Zeitschrift
des Schweizer Freiland-Freigeld-Bundes" - 1923-1940 "Die Freiwirtschaftliche
Zeitung", 1941-1957 "Freies Volk", ab 1958 "evolution".
1920 übernahm er auch die Redaktion der Zeitschrift "Die Schulreform"
(1907 von Dr. Schneider als "Berner Seminarblätter" gegründet)
[1928-1993 "Schweizer Erziehungs-Rundschau" ohne Schwarz].
Jugendparlamentarier: An Jahren passte Fritz Schwarz
nicht in das 1946 gegründete Berner Jugendparlament. Aber er war
Präsident des Initiativkomitees, leitete die Gründungsversammlung
des Trägervereins und stellte das Parlament an der Werbeveranstaltung
vor. Das eigentliche Jugendparlament war vom Trägerverein unabhängig.
Es hatte keine offizielle oder offiziöse Funktion wie die späteren
Jugendparlamente, sondern diente nur der politischen und rednerischen Ausbildung.
(An der Gründungsversammlung anwesend waren auch Redaktor Friedrich
Salzmann, Freies Volk, und Linus Schluep für die Abstinentenvereine.)
Fritz Schwarz hat später auch die Fraktion der Liberalsozialisten
unterstützt.
"Ohne politische Erziehung ist das souveräne Volk wie
ein Kind, das mit dem Feuer spielt und jeden Augenblick das Haus in
Gefahr setzt." (Pestalozzi)
Rechtschreibung: Am 7. september 1924 besprach eine versammlung
von reformfreunden in Olten die ganze frage und gründete den schweizerischen
«Bund zur vereinfachung der deutschen rechtschreibung» (später
zu «Bund für vereinfachte rechtschreibung» abgekürzt).
Fritz Schwarz, der schriftleiter der «Schulreform», die zur
kleinschrift überging, leitete die verhandlungen, die insofern zu
einem neuen ergebnis führten, als eine grundsätzliche zweiteilung
der bestrebungen als wünschenswert bezeichnet wurde. Einer «kleineren
reform, die sofort durchführbar ist», einem «minimalprogramm»
oder «kleinen ziel» stand eine «grosse reform»,
ein «maximalprogramm» oder «grosses ziel» gegenüber.
Als kleines ziel wurde beschlossen: «Alle wörter werden klein
geschrieben, eigennamen und satzanfänge im allgemeinen gross. Es
ist kein verstoss, im satzzusammenhang besonders wichtig erscheinende
wörter gross zu schreiben.» (Quelle: Bund
für vereinfachte rechtschreibung)
Coué-Institut
Bern: 1925 wurde Schwarz Leiter des Coué-Institutes Bern.
Fritz Schwarz verfasste zwei Broschüren: "Die Praxis der Selbsterziehung
durch Autosuggestion nach der Methode von Emile Coué - Eine Antwort
auf die Frage, wie man's machen muss" (1924) und "Suggestion
und Autosuggestion in Erziehung und Unterricht nach der Methode von Coué"
(1925). Der Artikel von 1924 wird bis heute im Buch "Coué,
Emile: Autosuggestion" mit veröffentlicht.
Im Jahr 2007 wurden die beiden Artikel in einer Broschüre (Autosuggestion - die positive Kraft)
mit einem
Vorwort von F. J. Neffe neu aufgelegt. Fritz Schwarz hatte am 1.Mai 2007
den 120.Geburtstag. Der 150.Geburtstag von Émile Coué war
am 26.Februar. Zur Erinnerung fand am 13.Oktober 2007 in Oberthal bei
Zäziwil die dritte von 3 "Wanderungen auf den Spuren Emile Coués
in der Schweiz" statt.
Coué Schweiz - Verein für positive Lebensgestaltung
Willkommen
beim Deutschen Coué-Institut.
Herzlich willkommen
im Oberthal,
13. Oktober 2007
Wanderprediger:
"Wanderprediger für
Freiland und Freigeld" wurde er zurecht genannt. Er hielt Tausende
von Vorträgen auf Einladung oder auf eigene Initiative, nicht nur
in der Schweiz, sondern im ganzen deutschen Sprachgebiet bis hinauf bis
nach Flensburg.
Journalist: Tausende von Artikeln schrieb er für
eigene und fremde Zeitschriften. Wenig bekannt ist, dass er von 1927 an
während drei Jahrzehnten die "Chronik" für den "Schweizerischen
Beobachter", eine in der Schweiz weit verbreitete Zeitschrift, schrieb.
Die Chronik brachte einen politischen Überblick über das Weltgeschehen
und Betrachtungen zum Wirtschaftsgeschehen - und immer hoffte Schwarz,
bis zum Erscheinen des Blattes passiere nichts Weltbewegendes.
Verleger:
Das P.F.H. war nicht nur der Freiland-Freigeld-Verlag; Fritz Schwarz gab
unter grossem finanziellen Einsatz u. a. auch Bücher von Carl Albert
Loosli heraus, als dieser als Verfehmter keinen Verlag fand, sowie Werke
von Alfred Fankhauser. Ein Verlagsverzeichnis
ist im Internet zu finden. Eduard
Fankhauser war 1923 Geschäftsführer; 1924 gründete
dieser eine eigene Verlagsbuchhandlung, vor allem für die Schriften
von Werner
Zimmermann.
Grossrat: Ab 1934 bildete er eine Ein-Mann-Fraktion im bernischen Kantons-Parlament,
bis er 1958 durch Proporzpech sein Mandat verlor und er so um die Rede
als Alterspräsident gebracht wurde, für die er sich vorbereitet
hatte.
Stadtrat: 1936 wurde er zudem in das stadtbernische Parlament
gewählt.
1Dr.
Theophil Christen war Arzt, Mathematiker, Physiker,* 1. April 1873 in
Basel, † 6. Mai 1920 im Genfersee. Er ist ein unter Fachleuten heute
noch bekannter Pionier der physikalischen Medizin, insbesondere der Strahlen-
und Röntgenwissenschaft. 1896 promovierte er in Leipzig im Fach Mathematik,
1905 als Dr. der Medizin in Bern, 1908 Habilitation in Bern (1909 venia
docendi für "Innere Medizin, speziell für physikalische Therapie").
Christen wurde durch Gesells Publikationen 1903/04 mit Geldreformideen vertraut.
1919 war Christen in Bayern bei Gesell im Finanzministerium als freiwirtschaftlicher
Rechnungsbeirat für die Räterepublik tätig. Christen war
Abstinent, Vegetarier, Esperantist und Verfasser von lebensreformerischen
Schriften.
2Prof.
Dr. Schneider Ernst
Geboren am 17. Oktober 1878, aufgewachsen in Bubendorf (BL), Evang. Lehrerseminar
Muristalden (Bern), Primarlehrer an der Gesamtschule in Innerberg (Gemeinde
Wohlen bei Bern, 1897-1899). Studium in Bern und Jena. 1905 von Regierungsrat
Gobat (Friedensnobelpreisträger) zum Direktor des Staatsseminars Hofwil
berufen - gegen die "freisinnige" (konservative) Lehrermafia;
die Freisinnigen trafen sich am Ostermontag zu einer Protestversammlung
und veröffentlichten eine Resolution.
Schneider stiess, zum Teil ähnlich wie Stump ("Abstinenz, Anarchie,
Atheismus"), Ältere und Verfechter des Herkömmlichen vor
den Kopf, indem er den Seminaristen viel Freiheit gewährte und Vertrauen
schenkte und sie nach den Vorstellungen der sogenannten Arbeits- statt der
Lernschule führte. Seine Ansichten zur Schulreform und entsprechende
Forderungen empörten Schulinspektoren, Kommissionen und andere Kleinkönige
der sich "freisinnig" nennenden Regierungspartei. 1911 kam "die
Schale des Zorns zum Überlaufen", erklärten die "freisinnigen"
Lehrer.
Empörung schlug ihm als Verfechter der Psychoanalyse Sigmund Freuds
und ihrer Betonung des Sexuellen entgegen. Vorgeworfen wurde ihm auch, die
Schüler zu Sozialisten statt zu "Freisinnigen" zu erziehen.
1916 musste er "freiwillig" von seinem Amt zurückzutreten.
1915/19 gründete er den "Freiland-Freigeld
Bund", die Zeitschrift "Die Freistatt", die "Schweizerische
Pädagogische Gesellschaft", wandelte die Berner Seminarblätter"
in "Die Schulreform" um und gründete mit Fritz Schwarz als Zentrum
das «Pestalozzi-Fellenberg-Haus», das Fritz Schwarz nach 1920
allein weiterführen musste.
Schneider wurde 1920
auf den Lehrstuhl für Pädagogik an der Universität in Riga
berufen. Im Jahr 1928 wurde ihm verboten, in deutscher Sprache zu lehren.
In Stuttgart führte er dann bis 1946 eine psychoanalytische Praxis,
ab 1946 eine solche in Basel.
Er wurde 16. Februar 1957 in Muttenz von einem Auto überfahren.
Quellen: Beat Junker, Geschichte
des Kantons Bern seit 1798: Band III, Tradition und Aufbruch 1881-1995);
Beiträge zur Geschichte des Bernischen Staatsseminars; Der Fall Schneider,
Herausgegeben von der Vereinigung Ehemaliger Schüler des Staatsseminars
Bern-Hofwil
Ernst Schneider, Aus meinen Lern- und Lehrjahren |