Bärner Gedicht u Lieder

Hie nume vom Ueli Dürrenmatt
praeteritum - absinth - friedli

Uli Dürrenmatt: Geissreihen der Schmalspurigen

   Juhe ne Gründer bin i ja,
   Der Schwindel mit der Ysebah
   Tuet mir no nüt verleide.
   Im Täschli han i d' Konzession,
   Der Staat git dritthalb Million,
   U d' Gmein der Rest mit Freude.
Die Junge, die Alte, die Dumme, die Chalte,
Die Grosse, die Chlyne, die Grobe, die Fyne,
Sie müssen alli dra glaube! .
    Holioli ouhu! etc.
   U weni scho ke Chrützer ha
   U nid e rechti Bahn verma,
   Git's es Touristebähnli.
   Drei Monet fahrt der Konduktör,
   D' Stossbähre nahi druf e Cheer,
   Süst lueget doch mys Plänli!
Jitz zuehe Chlyni, ihr syt myni,
Ihr Gutschner und Wirte, ihr Schnitzler und Hirte
E laht ech numme melche.
    Holioli ouhu! etc.
Quelle: Neue Bärentalpen, Volkszeitungs-Poesie, Von Ch. Frymuth, Herzogenbuchsee, Buchdruckerei U. Dürrenmatt, 1882

 

Die "Berner Volkszeitung" (Redaktion und Verlag Ulrich Dürrenmatt) ist ein politisch und ökonomisch absolut selbständiges Volksblatt... In politischen Dingen huldigt sie der konservativen Demokratie...; in Religionssachen steht sie auf dem Boden des positiven Christentums...; in sozialer Richtung will sie ... die Verarmung unseres Mittelstandes zu verhüten suchen und im Schulwesen heisst unsere Devise: Wenig aber gründlich. (Aus der Einleitung.)

Nach 20 Jahren als freisinniges Sprachrohr des Oberaargaus wurde die Berner Volkszeitung 1878 als konservatives Organ weitergeführt, welches die Zukunftsängste des Handwerks angesichts der zunehmenden Industrialisierung artikulierte. 1880 umschrieb Ulrich Dürrenmatt (Redaktor von 1880 bis 1908) das Programm der "Berner Volkszeitung"("Buchsi-Zeitung") als "Christentum und konservative Demokratie". <Im Historischen Lexikon der Schweiz hat es eine Biographie und einen Artikel zur Berner Volkszeitung.> Auf Ende 2006 soll die "Buchsi-Zytig", die zuletzt als Monatsblatt erschien, eingestellt werden.

Dürrenmatt wurde am 20.4.1849 im Schwandacker (Guggisberg) geboren; er starb am 27.7.1908 in Herzogenbuchsee. Er war Gemeinderat von Herzogenbuchsee (1899-1905), Grossrat (1886-1908) und Nationalrat (1902-1908).Im Internet ist er vor allem als Grossvater von Friedrich Dürrenmat anzutreffen... Wikipedia hat eine kurze Biographie mit Link zu dieser Seite.
Über Dürrematts
hat auch Fritz Schwarz in seinen Erinnerungen geschrieben.

Dürrenmatt über Dürrenmatt
«Ein seltsamer, einsamer und eigensinniger Rebell: klein, gebückt, bärtig, bebrillt, mit scharfen Augen, ein Berner, der eine eigene Zeitung herausgab; der den Freisinn, den Sozialismus und die Juden hasste; auf den kein politisches Klischee passte und der für eine christliche, föderalistische, bäuerliche Schweiz kämpfte, zu einer Zeit, als sie sich anschickte, ein moderner Industriestaat zu werden, ein politisches Unikum, dessen Titelgedichte berühmt waren und von einer Schärfe, die man heute selten wagte.»
(Friedrich Dürrenmatt über seinen Grossvater in "Mondfinsternis")
(Quelle: Erwin Marti, Carl Albert Loosli, Band 1, Seite 354. Diese Biographie ist eine Fundgrube zur Geistesgeschichte der Zeit vor dem ersten Weltkrieg.)
Die "Gute Alte Zeit"? Marti schreibt dazu über Loosli: "Auch im fortgerückten Alter kam er nie dazu, von einer verlorengegangenen "guten alten Zeit" zu schwärmen. Dazu war er Realist genug." (Marti, Band 2, S. 13)  

"Ich rede Berndeutsch und ich schreibe Deutsch. (...) Ich muss immer wieder die Sprache, die ich rede, verlassen, um eine Sprache zu finden, die ich nicht reden kann, denn wenn ich Deutsch rede, rede ich es mit einem berndeutschen Akzent. (...) Es gibt Kritiker, die mir vorwerfen, man spüre in meinem Deutsch das Berndeutsche. Ich hoffe, dass man es spürt. Ich schreibe ein Deutsch, das auf dem Boden des Berndeutschen gewachsen ist."
Friedrich Dürrenmatt (1921–1990), einer der bedeutendsten deutschsprachigen Dramatiker
(Quelle: Schweizer Kultur - die Kultur in der Schweiz (im webarchive): Standardsprachen und Dialekte.)


Berndütsch
Aber bärndütsch weimer rede,
Mängisch churz u mängisch läng;
Das versteit u cha e jede,
Das tönt gäng no gäng wie gäng.

Da isch nüt meh vo Parteie
Bärndütsch, das het Trieb u Saft,
U wer hochdütsch druf wott zweie,
Där verdirbt üs d'Landeschraft.

Hochdütsch isch de Müse pfiffe,
Schad isch's schier für jede Satz;
Wär das z'Bern nid het begriffe,
Schwygi lieber uf sym Platz.

Bärndütsch, isch das nid no d's Beste
Wo nis blybt vo Glanz u Ruhm?
Heit mer Sorg, das ist der Reste
No vom alte Bernerthum.
Bernerfarbe, Berner Wese,
Macht u Recht, wo mir hei gha,
Heit er mit em Bundesbese
Ufe Ghüderhuuffe tha.

Berner Gsetz u Berner Sitte
Wo mer vo den Alte hei,
Alles heiter z'Bode gritte
Mit der Einheitsstürmerei.

Drum ist jitz der Mutz so schwache,
Gseht so alt u schitter us;
Ach, er cha ke Fuust me mache –
Er ist nümme Herr im Huus.

Alles ist dem Bund verschriebe,
Chuum der Löffel ma-n-er bha;
Nume d's Muul ist ihm no bliebe,
Dass er bärndütsch bettle cha.
(Berner Volkszeitung (Buchsi-Zeitung), Samstag, 22. Juni 1901, Nummer XVI der "Grossrathstypen")

Abschied von der Zeit

Der Zeiger rückt auf Mitternacht,
Der Wächter macht die Runde:
Wisst, dass die neue Zeit erwacht
In einer halben Stunde!

Die neue Zeit nach Menschenwitz,
Der Geographen Wonne,
Befohlen aus dem Bundessitz
Zum Trotz der lieben Sonne.

Nicht wann sie auf und unter geht
Bestimmt mehr unser Wandern;
Dem Einen kommt sie viel zu spät
Und viel zu früh dem Andern.

D'rum hüllt sie täglich ihr Gesicht
Und will uns nicht mehr segnen;
Die Tiefgekränkte kümmert's nicht,
Mag's schneien oder regnen.

Ihr folgt ja nimmer ihrer Spur,
Nur den Meridianen;
Ihr lebt ja nicht nach der Natur,
Nur nach den Eisenbahnen.

Dem Berner war die Berner Zeit
Zu spät nicht, noch zu frühe,
Er molk dabei mit Pünktlichkeit
Zur rechten Zeit die Kühe.

Ei, welch' ein Stolz, dass wir nun heut'
Den Berner Münster haben,
Und dass wir zu der gleichen Zeit
Die Berner Zeit begraben!

Am 1. Juni 1894 wurde in der Schweiz die Mitteleuropäische Zeit eingeführt, die Berner Uhren also um eine halbe Stunde vorgerückt.
Im gleichen Jahr erhielt das Berner Münster seinen neuen Spitzhelm.

 

Präteritum bärndütsch (Guggisberger Mundart)

Us "Ins Otteleuebad":

We mer scho am Alta hange,
Üser Bärge sy o alt,
U mir hatti nie as Blange
Na der nüwwe Gstalt u Gwalt...

We me si het gwanet ghäbe
Annerfahrt im füfte Jahr,
Wechsleti die Herrschaft äbe,
Cham a nüwwa Vogt darhar.

Het sech Fryberg üs erbarmet,
Mussti äs grad umhi gah;
Was der Berner chly erwarmet,
Mussti är va Griffe la.

Het der Berner hüscht befole,
Kumidirti Fryberg hott.
Ghina wollt der anner tole,
Annersch gieng es alli Pott.

(Der heute bernische Amtsbezirk Schwarzenburg war unter dem "ancien régime" eine "gemeine Herrschaft" der Städte Bern und Freiburg; alle 5 Jahre stellte eine andere Stadt den Landvogt.)

Zum neue Schwarzeburg-Bähnli:

Schwarzeburg, was soll das werde?
Gach chunnt dir a nüwwa Stern;
Du wascht nebedran uf Erde,
U jitz rückt es gäge Bern!...

Aber eppis möcht i bitte,
Ghina wird mer'sch übel näh:
Josi, Jaggi, Hausi, Hitte,
Wenn i eue Furtschritt gseh,
Sägen ich ech's annerfahrt:
Bhaltet üsi Sprach u Art!"

(Bis ins 19. Jahrhundert kannte die Mundart des Amtes Schwarzenburg noch das Imperfekt; in den Zitaten sind die Formen kursiv geschrieben.)

(Quelle: Ernst Schürch, Häb Sorg zum Schwyzerdütsch)

Meh zu Guggisbärg u zum Guggerhörnli


"Lützelflüh" von Emmanuel Friedli (1905)

«So nes söttigs Bärnerbuech
Het no kene g'schribe;
Das isch ganzes Bärnertuech
Das wird nit zerribe.
Alles het er konterfeyt,
Wie we's ihm wär g'sässe:
Huus u Hof u Wald u Weid,
Nüt het är vergässe.


Teufi Blicke het er ta
I die g'heimschte Fuege;
GottheIfs Auge het er g'ha,
Für i d'Härze z'luege.
D'Sprach erklärt er usem Geischt
U der Geischt us Worte;
Un är weiss, we du's nit weischt,
B'scheid an alle-n-Orte.»

Meh zum Friedli

Der Freisinn in Gefahr!
(1905)

Das Schulblatt heult, es rast der Sturm,
am Rathaus wackeln Tor und Turm,
die Fenster klirren, Pulte splittern,
und die Regierungsräte zittern.

Durchs Land erbraust vom Seminar
ein Ruf: Der Freisinn in Gefahr!
Denn die Regierung wählte leider
nicht Stucki, sondern Doktor Schneider!

Zwar hochmodern ist seine Lehr',
doch kann vom Muristalden her,
und mag es auch der Schule frommen,
dem Freisinn niemals Gutes kommen.

Der Freisinn einzig und allein
im Seminar soll Meister sein,
das ist sein Recht seit fünfzig Jahren,
und ewig soll er es bewahren.

Für Bildung und für Volkeswohl
der Freisinn hat das Monopol,
das übt er aus in Kommissionen,
worin nur seine Götter thronen.

Und dreifach war sein Wahlvorschlag,
der diesem Frevel unterlag,
ich sah im Blatt die Namen prangen,
sie wurden alle übergangen.

Worauf die Kommission ergrimmt
in globo ihren Abschied nimmt,
und Gobat mit verstocktem Sinne,
er lässt sie ziehn von ihrer Zinne.

Wen diese Untat nicht empört,
ist des Patentes nicht mehr wert.
Zur hohen Sühne für die Sieben
ward gleich ein Meeting ausgeschrieben.

Herbei, herbei von Berg und Tal,
was Freisinn heisst und radikal.
Die Obrigkeit wird ausgepfiffen,
Hans Weingarts Maul ist schon geschliffen.

Oho, nun weiss ich, wo es fehlt,
wenn der im Lehrerklub krakehlt,
von Mund zu Mund geht's auf den Gassen:
Der Doktor Schneider kann nicht jassen.


*Schneider Ernst (1878-1957) - Geboren am 17. Oktober 1878, aufgewachsen in Bubendorf (BL), Evang. Lehrerseminar Muristalden (Bern), Primarlehrer an der Gesamtschule in Innerberg (Gemeinde Wohlen bei Bern). Studium in Bern, Jena und Zürich. 1905 von Regierungsrat Gobat (Friedensnobelpreisträger) zum Direktor des Staatsseminars Hofwil berufen - gegen die "freisinnige" (konservative) Lehrermafia; die Freisinnigen trafen sich am Ostermontag zu einer Protestversammlung und veröffentlichten eine Resolution. Im obigen Gedicht spottete Ueli Dürrenmatt darüber.


Buchsi-Zeitung - Absinth

Dem freien Mann
das freie Wort
Berner Volkszeitung
(Buchsi-Zeitung)
Dem Recht zum Schutz
Der Wahrheit Hort
Der Absynth-Götti
Absynth, der höllische Unheilstifter
Zur Zeit in Untersuchungshaft,
Der Kindermörder und Massenvergifter,
Fand plötzlich hohe Gevatterschaft.

Vieltausendstimmig stärker und stärker
Sein Todesurteil fordert das Land;
Doch sieh' da reicht ihm in den Kerker
Der Bundesrat die rettende Hand!

Enttäuscht hat aller Wackeren Vertrauen
Des Landes erster Magistrat;
Ist dies, so tönt's aus allen Gauen,
Ein landesväterlicher Rat?

  Wo weinen möchten Fels und Steine,
Die um des Absynths Greuel steh'n,
Da hat der Bundesrat alleine
Von allem Elend nichts geseh'n.

Sein einziger Rat heisst: Gehen lassen!
Der Grünen Blutschuld lässt ihn kühl;
Für die Verkümmerung der Massen
Fehlt ihm auf einmal das Gefühl.

Der Bundesrat war schlecht beraten,
Er hatte einen schwachen Tag;
Drum, Volk, ermann' dich selbst zur Tat
Mit fester Faust zum Riesenschlag.

"Der Bundesrat beantragt der Bundesversammlung, das Volksbegehren betr. Verbot des Absynths der Abstimmung des Volkes und der Stände zu unterbreiten und Verwerfung des Begehrens zu empfehlen. - Wie klein!"
Wider den Absinth
Hunderachtzigtausend
Schaufeln dir das Grab,
Und ihr Schwert haut scharf und sausend
Kurz und gut den Kopf dir ab.

Aufgeweckt aus schwerem Schlummer
Haben wir das ganze Haus;
Volksverderber, Volksverdummer,
Deine Zeit, dein Werk ist aus.

Deine Sünden und verbrechen
An Gesundheit und Moral
Wird der Volksgeist selber rächen,
Der sich rührt zu Berg und Tal .

Leib und Seel' hast du vergiftet,
Jugendlust und Manneskraft,
Zorn und Hader angestiftet,
Geist und Leben hingerafft.
Freie dienten dir als Knechte,
Zwar in Reue oft ergrimmt;
Selbst dem kommenden Geschlechte
Warst du schon als Fluch bestimmt.

Fort mit ihm! Frisch, sonder Zweifel
Ohne faulen Kompromiss!
Schweizer, werft den grünen Teufel
In die tiefste Finsternis!

Dass ein Segen uns erblühe,
Aus der Bluttat in der Waadt,
Und der Geist des Friedens ziehe
Wiederum durch Dorf und Stadt.

 

 


myner bärndütsche syte
Zrugg:
«Heit Sorg zum Bärndütsch» ( Yleitig, Index)
Bärn u d Wält: Links zu Bärndütschsyte u zu Bärner Syte im Kanton Bärn u z Amerika
«Was isch de eigetlech Bärndütsch? - Bärndütsch git s nid!»
«Bärndütsch isch e Sprach wie grobs Grien, aber o guethärzig wie nes alts Chilcheglüt.» (Loosli)
«Bärndütsch isch Chärndütsch.» (Odysse, Bibel)
«ds Bärner Oberland isch schön.»
Bärner Volkslieder
No meh Bärner Volkslieder
- vom G. J. Kuhn
Lieder u Sprüch / Syte 3
Hie:

Gedicht u Lieder vom Uli Dürrenmatt

Wyter:
«Bärndütsch, Alkohol u ke Sex...»
«ein berner namens...»
Ds Lied vom Bärner Märtyrer Hans Haslibacher us dr Kilchhöri Sumiwald, gköpft z Bärn am 20. Oktober 1571
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Bärndütsch i dr Reklame
Gegen das überhandnehmende Brantweintrinken (bärndütsch, vo 1845)
Es chlys Bärndütsches Wörterbüechli
Bärndütschi Zitat - Zitate Berndeutsch
Dr Bärner Bär

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