10 JAHRE ASA
Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Abstinentenorganisationen

1974 - 1984


Referat von Frau Annette Högger-Hotz, Präsidentin, an der Veranstaltung "10 Jahre ASA" am 11. Mai 1985

Wenn wir uns heute etwas näher mit der ASA auseinandersetzen, so hat das seinen guten Grund: die ASA feiert heute ihren 10. Geburtstag. Im Herbst 1974 ist die ASA, Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Abstinentenorganisationen gegründet worden. Heute morgen haben wir die 10. Delegiertenversammlung abgehalten. Es ist wohl angebracht, wenn wir jetzt am Nachmittag eine Rückschau halten, aber auch einen Blick in die Zukunft werfen.

Die Gründung der ASA

Warum ist diese Arbeitsgemeinschaft gegründet worden? Es ist übrigens nicht die erste dieser Art. Schon seit 1898 bestand ein Schweiz. Abstinentenverband, der aber anfangs der 20er Jahre wieder verschwunden ist. Ende der 60er Jahre war dann die Rede von einer Umstrukturierung der Institutionen und Organisationen, die sich mit der Verhütung von Alkoholproblemen befassten. Ein Antrag des Alkoholgegner-Bundes an den damaligen Beirat der Zentralstelle gegen den Alkoholismus (SAS, heute Fachstelle für Alkoholprobleme, SFA-ISPA) brachte den Stein ins Rollen.

An einer Lagebesprechung kristallisierten sich zwei Aufgaben heraus
1. Die Gründung eines Schweiz. Abstinentenverbandes und
2. Die Suche nach einer Lösung, womit die übrigen Institutionen ähnlich dem Beirat erfasst werden können. Daraus entstand nach einigen Verzögerungen vor drei Jahren der Schweiz. Rat für Alkoholprobleme (SRA).
Für die Zusammenhänge verweise ich auf die folgende Graphik:

Einer kleinen Arbeitsgruppe unter meinem Vorsitz wurde der Auftrag erteilt, die Gründung eines Abstinentenverbandes vorzubereiten. Zu dieser Gruppe gehörte auch der St. Galler Rechtsanwalt Dr. Paul Steiner. Innert kurzer Frist hatte er Statuten für den zu gründenden Verband entworfen. In wenigen Sitzungen diskutierten wir die Statuten und verabschiedeten sie. Sie gingen gleichzeitig mit einer Einladung, sich dem neuen Verbande anzuschliessen an die schweizerischen Abstinentenorganisationen zur Vernehmlassung.

Auf den 23. November 1974 konnten wir zur Gründungsversammlung nach Olten einladen.

Mit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft Schweiz. Abstinentenorganisationen sollte dokumentiert werden, dass die schweizerischen Abstinenten sich zusammenschliessen. Der Zusammenschluss erfolgte:
1. zur Stärkung der Abstinenzbewegung, um schlagkräftiger zu sein als ein Einzelverein
2. um gegenüber den Behörden als Partner auftreten zu können
3. um ein schweizerisches Gremium zu schaffen, in dem Probleme besprochen werden können, die nur Abstinentenorganisationen betreffen.

Der Zweckartikel der Statuten lautet:
"Die Arbeitsgemeinschaft bezweckt eine wirksame Zusammenarbeit der schweizerischen Abstinentenorganisationen zum Studium und zur Erfüllung gemeinsamer Aufgaben auf dem Gebiete der Förderung der abstinenten Lebensweise und des Missbrauchs von Alkohol und anderen Suchtmitteln."

Über die Aufgaben, die der Arbeitsgemeinschaft gestellt sind, gibt Artikel 4 Auskunft. Es heisst da z.B.:
1. Vertiefung und Verbreitung des Grundsatzes der Alkoholabstinenz
2. Ergänzung und Unterstützung der Schulungstätigkeit der angeschlossenen Organisationen
3. Anregung, Koordination und Durchführung von Aktionen
4. Zusammenarbeit mit der Schweiz. Fachstelle für Alkoholprobleme und anderen alkoholgegnerischen und gemeinnützigen Organisationen

Der "ASA" haben sich am Gründungstag und im Laufe des ersten Jahres 14 schweizerische Vereine angeschlossen. Vor sechs Jahren änderte die Delegiertenversammlung den entsprechenden Artikel, so dass auch kantonale Abstinentenverbände aufgenommen werden konnten. Es zeigte sich nämlich, dass, um die Basismitglieder zu erreichen, auch die kantonalen Verbände mitmachen müssen. So sind mit der Zeit noch elf Verbände zur ASA gestossen.

Die schweizerischen Vereine sind: das Blaue Kreuz, die Blaukreuzjugend (heute: Kinder- und Jugendwerk des Blauen Kreuzes), die Katholische Abstinentenliga (SKAL), das Croix d'Or, die Schweizer Guttempler (IOGT), die Guttempler-Jugend (SGJ), der Sozialistische Abstinentenbund (SAB), die Abstinentia (PTT + Zoll), der Bund abstinenter Frauen (SBAF), der Abstinenten Verkehrsverband (SAV), die Vereinigung abstinenter evang. Pfarrer und Prediger, der Verein abstinenter Ärzte und der Abstinentenverband Junge Schweiz (AVJS). Es sind das 630 Gruppen und Gesprächskreise mit ca. 14'600 Mitgliedern.

Diese Vereine haben alle ihre Eigenart und Besonderheit. Eines aber haben sie gemeinsam: Sie setzen sich ein für eine Lebensweise ohne Alkohol.

Im Vorstand der neu gegründeten ASA arbeiten 10 Vorstandsmitglieder, wobei Verbände und Regionen nach Möglichkeit vertreten sind. Aus der Gründungszeit sind im heutigen Vorstand noch Pasteur R. Liardet, Präsident des welschen Blauen Kreuzes, ich selber und Eduard Muster, Stellvertretender Direktor der Fachstelle in Lausanne, als Sekretär. Die gute Zusammenarbeit mit eben dieser Fachstelle ist dadurch gewährleistet. Wir danken der SFA an dieser Stelle herzlich dafür, dass Eduard Muster für die Arbeit in der ASA freigestellt ist. Seine umfassenden Kenntnisse der Abstinenzbewegung sowie der Alkoholpolitik kommen unserer Tätigkeit sehr zu statten. Erster Präsident der ASA war Nationalrat Otto Zwygart, Köniz. Er trat 1978 zurück, und ich wurde an seiner Stelle zur Präsidentin gewählt.

Tätigkeiten des ASA-Vorstandes

Dank den Verbindungen von Nationalrat Zwygart und damit komme ich zur Arbeit des Vorstandes, regte er den Verkauf von Tessiner Trauben an, der seit 1976 an verschiedenen Orten der Schweiz durchgeführt wird. Vergangenen Herbst konnten sogar, währende die Ernte im Tessin schlecht ausgefallen war, weisse Chasselas Trauben aus dem Kanton Neuenburg und dem Waadtland verkauft werden. Seit 20 Jahren wieder zum ersten Mal.

Die Vorbereitungen der Schulungskurse im Schloss Hünigen bei Konolfingen, die jedes Jahr im Frühling oder Frühsommer stattfinden, beanspruchen viel Zeit.

Ein Hauptanliegen des ASA-Vorstandes ist das Sich-Kennenlernen der Vorstandsmitglieder der angeschlossenen Vereine und Verbände. Zu diesem Zwecke organisiert er alle zwei Jahre im Winter ein Wochenende, das sich als Lihn Treffen eingebürgert hat und das wir nicht mehr missen möchten.

Das Büro bereitet, nach Möglichkeit unter Beizug weiterer Vorstandsmitglieder, die jeweiligen Sachgeschäfte vor, die an den Sitzungen zu behandeln sind. Ich denke da z. B. an die Prospekte "Ein brennendes Problem" und "Die Alternative alkoholfrei". Eine erste Fassung, nämlich "Abstinenz heute", wurde an einem Hünigerkurs von den Teilnehmern arg verrupft. Eine neue Arbeitsgruppe machte sich dahinter und schuf den vorliegenden ansprechenden Prospekt. Vor einem Jahr ist er auch französisch herausgekommen ("Un problème brulant").

An den Sitzungen gibt es auch immer wieder wichtige Stellungnahmen zu besprechen. So erarbeitete der Vorstand eine Stellungnahme zur Revision des Alkoholgesetzes zuhanden des Bundesrates, eine weitere zur Festsetzung des Blutalkohol-Grenzwertes. Auch zum Rebbaustatut äusserte er sich. Eine besondere Gruppe studierte den Entwurf zu einem Präventivgesetz und fasste eine Vernehmlassung ab. Zu unserem grossen Bedauern liess der Bundesrat dieses Präventivgesetz vor einem Jahr fallen.

Anlässlich unserer Delegiertenversammlungen gaben wir verschiedene Verlautbarungen heraus, die sich um Fragen des Alkoholgesetzes, um die Abgabe von Alkohol in den Autobahn-Restaurants, auch um die Gesundheitspolitik des Bundes drehten und so weiter. Ein Brief ging an den Migros-Genossenschafts-Bund, um ihn zu seinem Festhalten am Verzicht auf Alkoholverkauf zu gratulieren. Ein bedauernder Brief wurde der Swissair geschrieben, weil sie dazu überging, auch in der Touristen-Klasse Alkohol gratis zu servieren.

Seit einiger Zeit gibt der ASA-Vorstand jeweils nach einer ASA-Veranstaltung eine Information heraus, die in den Vereinsorganen veröffentlicht werden soll. Aber auch die Vereinspräsidenten und Delegierten erhalten diese "ASAinformation", so dass wir hoffen, dass die Mitglieder der Vereine über die Tätigkeit der ASA orientiert werden. Sie sollten sich bewusst werden, dass sie auch zur ASA gehören, ja, dass sie die ASA ausmachen. Die ASA ist nicht nur der Vorstand. Die ASA ist die ganze Abstinenzbewegung.

Diesen Gedanken versuchten wir auch an einem Treffen der Mitgliedervereine der welschen Schweiz weiterzugeben, das im Dezember 1983 in Yverdon stattfand. Es ist uns ein grosses Anliegen, dass eine Zusammenarbeit auch zwischen uns und den Romands vertieft wird.

Über noch manches Geschäft unserer jeweils recht langen Traktandenliste wäre zu berichten, doch möchte ich nun zum zweiten Teil meiner Ausführungen übergehen zum Ausblick.

Die Zukunft der ASA

Ein Rückblick wäre nichts ohne einen Ausblick: Ich weiss, manch einer stellte sich die Frage, wozu denn eine ASA? Mit meinem Bericht glaube ich, die Antwort gegeben zu haben. Und für die Zukunft lautet sie: jetzt erst recht: Je weniger Mitglieder die einzelnen Abstinentenvereine und verbände zählen, umso mehr kommt es darauf an, dass sie zusammenarbeiten. Der ASA Vorstand ruft immer wieder zu dieser Zusammenarbeit auf. Er wird auch bestrebt sein, immer wieder neue Gelegenheiten zu Begegnungen zu schaffen.

Es sind das einmal die Hünigerkurse. Die Vorbereitungsgruppe bemüht sich' den Kurs so zu gestalten, dass die Kursbesucher jedesmal etwas ganz Konkretes mit nach Hause nehmen können: sei das nun die Technik, wie man Folien für den Hellraum Projektor herstellt' wie man Plakate koloriert oder wie man ein Interview gestaltet oder gar wie man sich vor dem Mikrofon zu geben hat, um an die Themen der letzten Hünigerkurse zu erinnern. Was die Teilnehmer aber noch mehr beherzigen sollten, ist die Weitergabe des Gelernten in ihren angestammten Gruppen.

Beim Frischtrauben-Verkauf ist meines Erachtens ein einzelner Verein überfordert. Deshalb sollten sich mehrere Vereine in der Region miteinander beraten, wie eine Aktion aufzuziehen ist. So kann die ganze Vorbereitungsarbeit aufgeteilt werden' und es finden sich gewiss auch genügend Helfer für den Verkauf.

Das Gleiche gilt auch für die Aktion "Tag der Nüchternheit auf Schweizer Strassen", die vom Schweiz. Abstinenten Verkehrsverband seit drei Jahren an einem Wochenende im August durchgeführt wird. Wenn die Abstinentenvereine in den verschiedenen Regionen einander vermehrt helfen würden, könnten gewiss noch an mehr Orten der "Tag der Nüchternheit" organisiert werden. - Ich wäre der Meinung, wir sollten auch zu einem allgemeinen "Tag der Nüchternheit", zu einem Tag ohne Alkohol, in der Schweiz aufrufen, warum nicht für das Jahr 1986 oder 1987?

Das Hauptanliegen der Lihntreffen, die alle zwei Jahre im Ferienheim des Blauen Kreuzes in Filzbach auf dem Kerenzerberg über dem Walensee stattfinden, ist das Sich Kennenlernen der Vorstandsmitglieder der Mitgliedervereine und verbände. Es scheint mir ausserordentlich wichtig, dass wenigstens die Vorstandsmitglieder sich gegenseitig kennen und dass sie mit der Zeit auch über die Tätigkeit ihrer Vereine orientiert sind. Ich habe es zu Beginn schon erwähnt, jeder Verein hat seine eigene Struktur und seine Eigenart. Denn hinter jedem Verein stehen Menschen mit ihren besonderen Begabungen. Wir haben mit unseren drei Lihn-Treffen da schon einiges erreicht. Das gilt es aber auszubauen. Die Gemeinschaft, das "Wir-Gefühl" muss noch weiter wachsen.

Der Vorstand ist daran, eine Orientierung über die Vereine herauszugeben. Er plant auch eine Kurzinformation zum internen Gebrauch der Mitglieder über die Neuregelungen des Alkoholgesetzes.

Wir brauchen die ASA

Und dazu braucht es eine ASA, einen Zusammenschluss der Vereine und Verbände, deren Mitglieder alle alkoholfrei leben. Für die wenigsten ist es ein Verzicht, im Gegenteil: Ein solches Leben ist ein grosser Gewinn: wir können uns frei entscheiden, müssen die antiquierten Trinksitten nicht mitmachen. Mit dieser alternativen Lebensweise sind wir heute ja "in". Wir sollten die Situation besser nutzen:

Schliesslich braucht es eine ASA, um gegenüber den Behörden ein Gesprächspartner zu sein. Ich habe von den Eingaben gesprochen. Wenn wir als einzelner Verein einen Vorstoss unternehmen, erreichen wir oft wenig bis nichts. Wenn wir uns aber zusammentun und als schweizerischer Verband etwas unternehmen, so haben wir mehr Gewicht. Die Chance, dass wir ernst genommen werden, ist grösser. Ein gewisses Prestige-Denken hat hier keinen Platz. Gemeinsam haben wir mehr Wirkung als allein. Das war auch einer der Leitgedanken, die zur Gründung der ASA führten.

Ich komme zurück auf die Lebensweise ohne Alkohol, der wir alle hier verpflichtet sind und die ich vorhin als anzustreben hingestellt habe. Der ehemalige Präsident der Internat. Organisation der Guttempler, der Schwede Sven Elmgren, den wir vor drei Jahren an unserer Delegiertenversammlung unter uns hatten und der anderntags aus diesem Leben abberufen wurde, hat einmal folgende Forderung ausgesprochen:

"Was wir brauchen, ist ein gesellschaftliches Klima, in dem eine positive Einstellung zur alkoholfreien Lebensweise eine vernünftige Chance hat, Wurzeln zu schlagen und sich zu entwickeln."

10 Jahre ASA, 11. Mai 1985, Annette Högger Hotz
SFA, 22.4.1985 Mr/cb


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