Noch hängen Plakate zum
Thema: drink or drive
"Wer trinkt, fährt nicht, wer fährt trinkt nicht!"
und
pour mille? alcool - jamais
au volant
promille? - alkohol am steuer: nie
Eins ist o.k. –
Aber keins ist noch besser
Mit dem Slogan «Eins
ist o.k.» werben die Beratungsstelle für Unfallverhütung
und das Bundesamt für Gesundheit für mehr Sicherheit auf unseren
Strassen. Wenn per 1. Januar 2005 die 0,5 Promille-Grenze in Kraft tritt,
soll man vor dem Autofahren höchstens noch eine Standard-Einheit Alkohol
konsumieren, so lautet die Botschaft.
Die
Botschaft ist berechtigt, und würde sie konsequent befolgt, liessen
sich hunderte Unfälle mit Verletzten und Toten verhindern.
Trotzdem bleibt die Botschaft
auf halber Strecke stehen. Zu Grunde liegt ihr nämlich der Gedanke,
dass Alkohol trinken einfach dazu gehört, und sei's nur ein Gläschen.
Was fehlt, ist die gesellschaftliche Akzeptanz eines noch verantwortungsbewussteren
Verhaltens, nämlich gar keinen Alkohol zu sich zu nehmen. Zehntausende
tun das entweder weil sie es wegen einer eigenen, inzwischen überwundenen
Alkoholabhängigkeit nicht dürfen, weil sie es aus bewusster
Überzeugung oder aus Solidarität mit Suchtbetroffenen nicht
wollen, oder weil sie den Alkohol nicht mögen, und trotzdem werden
sie sehr oft noch gedrängt: «Komm doch, sei kein Spielverderber,
nur ein Gläschen...»
Für das Recht. nicht mittrinken
zu müssen, engagiert sich IOGT
seit weit über 100 Jahren.
Blutalkoholgrenzwerte
im Strassenverkehr
Mehr Verkehrssicherheit
dank tieferer Promillegrenze
Die Sicherheit im Strassenverkehr soll durch eine möglichst rasche
Senkung der Promillegrenze erhöht werden. Nur wenige Wochen nach
Ablauf der Referendumsfrist für das revidierte Strassenverkehrsgesetz
(SVG) schlägt der Bundesrat dem Parlament eine Reduktion des Blutalkoholgrenzwerts
für Fahrzeuglenkerinnen und -lenker auf 0,5 Promille vor. Wer 0,8
oder mehr Promille im Blut hat, muss mit strengeren Sanktionen rechnen.
Die Grenzwerte werden in einer Verordnung festgehalten, über die
neu das Parlament entscheidet. Der Erlass soll am 1.1. 2004*
in Kraft treten. (Pressemitteilung des Eidgenössischen
Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)
vom 22.05.2002)
*Leider
erst 2005 (webmaster)
Botschaft
des Bundesrates
zu einer Verordnung der Bundesversammlung über die Blutalkoholgrenzwerte
im Strassenverkehr vom 22. Mai 2002 (Volltext)
"Anlässlich der letzten Revision des Strassenverkehrsgesetzes
beschlossen
die Eidgenössischen Räte, die bisher dem Bundesrat zustehende
Kompetenz zur
Festlegung des Blutalkoholgrenzwertes auf die Bundesversammlung zu übertragen.
Die ebenfalls mit dieser Revision eingeführte Unterscheidung zwischen
nicht qualifizierter
und qualifizierter Blutalkoholkonzentration mit den entsprechenden straf-
und
massnahmerechtlichen Folgen führt dazu, dass neu zwei Grenzwerte
zu bestimmen
sind. Der Bundesrat, der im Interesse der Verkehrssicherheit eine Senkung
des
Blutalkoholgrenzwertes als notwendig erachtet, schlägt dem Parlament
vor, eine
Alkoholmenge im Bereich von 0,50 bis 0,79 Promille als nicht qualifizierte
und eine
Alkoholmenge von 0,80 oder mehr Promille als qualifizierte Blutalkoholkonzentration
zu bestimmen."
"Nach bisheriger
gesetzlicher Regelung bestimmte der Bundesrat, ab welcher Blutalkoholkonzentration
Angetrunkenheit und damit Fahrunfähigkeit im Sinne des Gesetzes angenommen
wird (Art. 55 Abs. 1 SVG). Im Jahre 1980 wurde der Grenzwert von 0,8 Promille
in die Verkehrsregelnverordnung
aufgenommen, nachdem er 1964 vom Bundesgericht
in dieser Höhe festgelegt worden war. Seither wurde er nicht mehr
geändert. Wer demnach mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,8
Promille oder mehr ein Motorfahrzeug führt, gilt in jedem Fall als
angetrunken. Die betreffende Person wird mit einem Führerausweisentzug
von mindestens zwei Monaten Dauer belegt sowie mit Gefängnis oder
mit Busse bestraft. Anlässlich der Revision des Strassenverkehrsgesetzes
beschlossen die Eidgenössischen Räte, die Kompetenz zur Festlegung
des Blutalkoholgrenzwertes auf die Bundesversammlung zu übertragen.
Diese bestimmt künftig in einer Parlamentsverordnung, bei welcher
Blutalkoholkonzentration Fahrunfähigkeit angenommen wird und welche
Alkoholmenge als qualifizierte Blutalkoholkonzentration gilt."
Verordnung der Bundesversammlung über Blutalkoholgrenzwerte
im Strassenverkehr (Entwurf)
Art. 1 Fahrunfähigkeit
1 Fahrunfähigkeit wegen Alkoholeinwirkung (Angetrunkenheit) gilt
in jedem Fall
als erwiesen, wenn der Fahrzeugführer oder die Fahrzeugführerin
eine Blutalkoholkonzentration von 0,5 oder mehr Gewichtspromillen aufweist
oder eine Alkoholmenge im Körper hat, die zu einer solchen Blutalkoholkonzentration
führt.
2 Als qualifiziert gilt eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 Promille
oder mehr.
Art. 2 Inkrafttreten
Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Beratung
im Ständerat
Herbstsession 2002 - Siebente
Sitzung - 24.09.02 - 08h00 (Auszüge)
Leuenberger Ernst (S, SO), für die Kommission: Das
revidierte Strassenverkehrsgesetz (SVG) vom 14. Dezember 2001 enthält
zwei neue Bestimmungen, die zum heutigen Entwurf einer Verordnung der
Bundesversammlung über Blutalkoholgrenzwerte im Strassenverkehr führen.
Da ist einmal Artikel 55 Absatz 6 SVG, wo sich das Parlament - im Gegensatz
zum vorher geltenden Recht - die Kompetenz herausgenommen hat, selber
festzulegen, welche Blutalkoholkonzentration zur Fahruntüchtigkeit
im Sinne des Gesetzes und welche als strafrechtlich qualifiziert zu gelten
habe. Sodann zitiere ich Artikel 91, wo festgelegt ist, dass bei qualifizierter
Blutalkoholkonzentration mit einer Gefängnisstrafe oder einer Busse
zu rechnen ist. Aufbauend auf diesen rechtlichen Grundlagen legt der Bundesrat
mit der Botschaft vom 22. Mai 2002 einen Verordnungsentwurf mit Antrag
vor. Der Erlass dieser Verordnung blieb in der vorberatenden KVF unbestritten.
Die Kommission beantragt einstimmig Eintreten auf diese Vorlage.
Leuenberger Moritz, Bundesrat: Es geht jetzt um die Festlegung
der gewöhnlichen Angetrunkenheit. Über die qualifizierte Angetrunkenheit
haben Sie ja bereits entschieden, das ist bereits gültiges Recht,
nämlich 0,8 Promille. Die Frage ist jetzt noch, ob diese gewöhnliche
Angetrunkenheit bei 0,7 oder bei 0,5 Promille festgelegt werden soll.
Es ist hin und wieder angetönt worden, das sei ja eigentlich ein
fast lächerlicher Entscheid, in diesem Promillebereich zu legiferieren.
Es wurde gesagt, es sei fast ein bisschen willkürlich, die gesetzgeberische
Konzentration jetzt auf diese eine Ursache von Unfällen zu fokussieren,
nämlich auf den Alkohol, es gebe doch noch sehr viel wichtigere und
andere Unfallursachen. Das ist richtig. Aber die Legiferierung all dieser
anderen Unfallursachen wie Aggressivität, Raserei, Nichtbeherrschung
des Fahrzeuges, aber auch die Legiferierung technischer Verbesserungen
der Fahrzeuge, die auch eine Methode sind, um Unfallursachen zu vermeiden,
sind dem Bundesrat überlassen, und er legiferiert hier laufend mit
Verordnungsverbesserungen. Das Vorgehen nämlich, dass Sie über
diese Frage hier selber entscheiden, wollten Sie selbst so. Sie haben
dieses einzelne Element herausgebrochen und gesagt, Sie wollten wegen
der gesellschaftlichen und politischen Bedeutung des Alkohols darüber
selber legiferieren. Wir haben Sie beim Wort genommen und sofort diese
Vorlage gebracht, damit Sie - damals wurde gesagt, an und für sich
sei man mit 0,5 Promille ohne weiteres einverstanden, aber das sei von
so grosser Bedeutung, dass das Parlament das machen müsse - sich
jetzt darüber aussprechen können. Ich bitte Sie, sich nun im
Sinne, wie es Ihnen der Bundesrat beantragt, darüber auszusprechen.
Es wurden Fragen betreffend die Statistik gestellt. Es ist sehr legitim,
solche Fragen zu stellen. Ich will nun aber diese Fragen und die zum Teil
einleuchtenden Beispiele nicht
meinerseits durch weitere Absurditäten wieder ins Gegenteil umkehren,
sondern ich möchte sagen, dass es ja eigentlich um Folgendes geht:
Wer hat in welcher Situation was zu beweisen? Die Freiheit, mehr als ein
Gläschen zu trinken und sich nachher ans Steuer zu setzen, und die
Aufgabe, Unfälle zu vermeiden, stehen einander gegenüber. Wenn
ich sage, Unfälle zu vermeiden, meine ich: Es müssen nicht immer
und ausschliesslich nur Tote sein, wir haben jetzt von den Toten gesprochen.
Aber es gilt auch, Verletzungen zu vermeiden, sogar schwere Unfälle
zu vermeiden, die nur Sachschäden verursachen. Das ist auch eine
gesetzgeberische Aufgabe.
Also stehen die Verantwortung, die Unfallzahl mit Verletzten und
Toten zu reduzieren, und die Freiheit, mehr als ein Gläschen zu trinken
und dann ans Steuer zu gehen, einander gegenüber.
Ich halte fest: Alkohol verringert die Reaktionsfähigkeit. Ab 0,5
Promille verringert Alkohol die Reaktionsfähigkeit signifikant. Im
Vergleich zu 0 Promille ist die Reaktionsfähigkeit bereits ab 0,5
Promille um die Hälfte verringert. Alkohol ist die Ursache für
Unfälle mit Toten und Verletzten. Wir haben bei der qualifizierten
Angetrunkenheit darüber gesprochen. Mindestens 5 Prozent aller Alkoholunfälle,
also aller Unfälle, die auf Alkohol zurückzuführen sind,
gehen auf einen Alkoholisierungsgrad zwischen 0,5 und 0,8 Promille zurück.
Eine Reduktion von 0,8 auf 0,5 Promille hat in anderen Ländern -
Österreich und Australien - zu einer Unfallreduktion um 10 bis 15
Prozent geführt. Allein diese Zahlen genügen mir, um die Verantwortung
wahrzunehmen und diejenige Massnahme zu treffen, die die Unfälle
entsprechend reduziert. Ich erinnere daran, dass in Frankreich, Italien,
Deutschland und Österreich ebenfalls 0,5 Promille und in Schweden
0,2 Promille gelten. Es gibt Länder, in denen 0,0 Promille gelten.
Nur gerade in England, Irland und Luxemburg gelten 0,8 Promille.
Ich ersuche Sie, Ihre gesetzgeberische Verantwortung zur Reduktion von
Unfällen wahrzunehmen und unserem Entwurf zuzustimmen.
Gesamtabstimmung
Für Annahme des Entwurfes .... 28 Stimmen
Dagegen .... 5 Stimmen
Beratung
im Nationalrat
Frühjahrssession 2003 - Fünfte
Sitzung - 06.03.03 (Auszüge)
Aeschbacher Ruedi (E,
ZH), für die Kommission: ... Die Kommission beantragt Ihnen
ebenfalls Zustimmung zum Entwurf des Bundesrates und zum Beschluss des
Ständerates. Sie tut dies mit einem deutlichen Mehr von 13 zu 3 Stimmen
bei 3 Enthaltungen.
Die Gründe für den neuen, tieferen Grenzwert sind überzeugend.
Das fand auch die Kommission, deshalb ihr sehr deutlicher Antrag. Ich
zähle sechs Gründe auf:
1. Aufmerksamkeit, Reaktionsbereitschaft sowie Reaktionsfähigkeit
können bereits bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,4 oder 0,5
Gewichtspromille reduziert sein. Zahlreiche Studien und Untersuchungen
belegen dies. Schon ab diesem tieferen Wert steigt die Gefahr der Fehleinschätzungen;
die Selbstkritik der Fahrerinnen und Fahrer leidet, ebenso das kritische
Erfassen und Abwägen von ungewöhnlichen Situationen. Die Folge
ist eine Überschätzung der subjektiven Leistungsfähigkeit
bei objektiv tatsächlich vermindertem Leistungsvermögen. Einfach
ausgedrückt heisst das: Es besteht schon bei einer Blutalkoholkonzentration
von 0,4 oder 0,5 Gewichtspromille die Gefahr, dass die Fahrer die Gefahren
unterschätzen und sich und ihre eigene Leistungsfähigkeit überschätzen.
Ihre Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit nimmt bereits ab diesem
Blutalkoholwert ab.
2. Im Strassenalltag zeigt sich leider immer wieder, dass diese durch
Alkohol verminderten Fähigkeiten bei den Lenkenden auch tatsächlich
zu Unfällen führen. Ich will hier wirklich nicht einen Zahlenstreit
entfachen. Als absolut gesichert darf aufgrund aller Untersuchungen und
Abschätzungen aber gelten, dass allein durch die Senkung des Grenzwertes
von heute 0,8 auf 0,5 Promille eine zweistellige Zahl von Verkehrstoten
pro Jahr vermieden werden kann. Zieht man dazu noch die generalpräventive
Wirkung einer solchen Reduktion in Betracht, und nehmen wir dazu noch
die anlassfreie Atemalkoholkontrolle, die vor zwei Jahren mit dem Gesetz
eingeführt wurde, so darf man davon ausgehen, dass wir mit der Senkung
des Grenzwertes von 0,8 auf 0,5 Promille rund 50 Verkehrstote pro Jahr
vermeiden können. Anstelle dieser nackten Zahl 50 können Sie
das auch anders sehen: In einem Bild ausgedrückt sind das rund 15
normale Durchschnittsfamilien in der Schweiz, die nicht auf der Strasse
sterben müssen, sondern unversehrt bleiben.
3. Wenn wir etwas über unser Land hinausblicken, stellen wir fest,
dass wir auch in Sachen angetrunkenen Fahrens zu einer Insel geworden
sind. Unsere Nachbarländer kennen den Grenzwert von 0,5 Gewichtspromille.
Eine Ausnahme, um ganz genau zu sein, macht nur das Fürstentum Liechtenstein,
das sich aber unseren Gesetzen anschliesst und bei einer Senkung unsererseits
die Gewichtslimite auf seinem Gebiet sicher senken wird. In Europa gibt
es gerade noch zwei weitere Länder, nämlich Grossbritannien
und Irland, die noch unseren heutigen, largen Grenzwert kennen. 14 europäische
Staaten haben sich auf 0,5, drei sogar auf 0,2 und vier gar auf 0 Gewichtspromille
festgelegt.
4. Die Erfahrungen in all diesen Ländern zeigen, dass die Einführung
schärferer Grenzwerte die Zahl der Verkehrstoten und der Verletzten
signifikant gesenkt hat, und zwar in einer Grössenordnung von jeweils
10 bis 15 Prozent.
5. Der vorgeschlagene Grenzwert ist nicht ein "Weitschuss",
sondern immer noch ein Kompromiss. Wollte man der Sicherheit absoluten
Vorrang einräumen, müsste man die Null-Promille-Grenze einführen,
so, wie das heute schon vier europäische Staaten tun, und so, wie
wir das übrigens von jenen erwarten, die eine hohe Verantwortung
tragen: Lokomotivführer, Piloten, Taxifahrer, Lastwagenfahrer, Buschauffeure
usw. So weit gehen wir bei gewöhnlichen Autofahrenden mit dem neuen
Grenzwert von 0,5 Promille aber nicht: Für sie ist es immer noch
möglich, zum Essen ein Glas Wein - nicht aber deren zwei - oder ein
Bier zu trinken. Unsere autolenkende Bevölkerung wird sich also nicht
völlig andere Ess- oder Trinkkulturen aufzwingen lassen müssen.
6. Damit komme ich zum letzten Argument: Es ist gesagt worden, dass die
direkten wirtschaftlichen Auswirkungen bei dieser Situation auf die mit
Alkohol handelnden oder Alkohol produzierenden Betriebe nicht horrende
Auswirkungen haben werden. Auch hier möchte ich keinen Zahlenstreit
in Gang setzen, denn was sind 20, 30 oder 40 vermiedene Verkehrstote gegen
einige Millionen Franken entgangenen Gewinns? Es kann, um es mit den Worten
eines bürgerlichen Kommissionsmitgliedes zu sagen, auch für
ein Touristenland, wie es die Schweiz ist, nicht vorteilhaft sein, wenn
wir versuchen wollten, mit einem largen Grenzwert den Alkoholkonsum zugunsten
des Gastgewerbes anzukurbeln.
Zusammenfassend: Eine eindrückliche Vielzahl von Argumenten spricht
für die vorgeschlagene Verschärfung des Grenzwertes. Im Namen
der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen bitte ich Sie, dem
zuzustimmen...
Fehr Jacqueline (S,
ZH): Ich bin, gelinde gesagt, ziemlich irritiert über das,
was Sie hier mit diesen Einzelanträgen veranstalten. Die zuständige
Fachkommission, die sich mit der Frage seriös und in mehreren Sitzungen
- Sie mögen sich an die Revision des Strassenverkehrsgesetzes erinnern
- auseinander gesetzt hat, die Statistiken konsultiert hat, die mit Fachleuten
gesprochen hat, die sich mit den Erfahrungen aus dem Ausland auseinander
gesetzt hat, kam grossmehrheitlich zum Schluss, dass die Blutalkoholgrenze
von 0,8 auf 0,5 Promille gesenkt werden soll. Dasselbe Bild in der ständerätlichen
Kommission, die sich ebenfalls seriös damit befasst hat, und dann
auch im Plenum des Ständerates. Und jetzt, in unserem Plenum, kommt
eine ganze Serie von Anträgen. Wenn ich es richtig überblicke,
ist der gesamte Basar eröffnet; es fehlt wohl keine Zahl mehr, die
vorgeschlagen wird.
Das ist unseriös. Sie können zwar der Meinung sein, die Festlegung
der Promillegrenze sei das exklusive Recht des Parlaments und dürfe
auf keinen Fall an den Bundesrat delegiert werden; Sie können diese
Promillegrenze aber nicht per "Finger in die Luft"-Politik festlegen.
Auch hinter dieser Frage sollte mehr als Wahlkampf stecken. Dass Einzelne
aus unterschiedlichen Gründen, aus Branchengründen, geographischen
Gründen, ins Schaufenster stehen möchten, kann ich noch nachvollziehen...
Noch ein Wort zum Gastgewerbe: Dieses werde durch die Senkung der Promillegrenze
gefährdet. Wenn das Gastgewerbe nur dann floriert, wenn die Leute
alkoholisiert Auto fahren, steht es wahrlich schlecht um diese Branche.
Wirte haben viele Möglichkeiten, auf die tieferen Promillegrenzen
so zu reagieren, dass sie keine Einbussen erleiden müssen. Nicht
zuletzt können sie sich für Fahrdienst und Fahrgemeinschaften
einsetzen, denn mit der Senkung der Promillegrenze wird nicht das Trinken
verboten, sondern nur das Fahren im angetrunkenen Zustand, und das beginnt
eben nicht erst bei 0,8, sondern bereits bei 0,5 Promille...
Allen subjektiven Erfahrungsberichten zum Trotz: Die Fahrtüchtigkeit
nimmt deutlich ab, und zwar weniger bei den automatisierten Abläufen
als dann, wenn überraschende, nicht vorhersehbare Situationen auftreten.
Dies ist auch eine Erklärung, weshalb insbesondere unroutinierte
Junglenkerinnen und Junglenker davon mehr betroffen sind. Eine Senkung
der Promillegrenze würde also vor allem auch die Jungen vor ihrer
jugendlichen Selbstüberschätzung schützen...
Leuenberger Moritz,
Bundesrat: Zunächst einmal zum Umstand, dass Ihnen überhaupt
diese Vorlage unterbreitet wurde, die jetzt als Beitrag zur allgemeinen
Gesetzesflut gegeisselt wird: Sie wollten das so. Unser ursprünglicher
Vorschlag war der, dass wie bisher der Bundesrat regelt, was unter Angetrunkenheit
zu verstehen sei. Es war dieses Parlament, das sich diesen Entscheid vorbehielt
und eine solche Verordnung vorgelegt bekommen wollte. Deswegen kann ich
den Vorwurf, die Gesetzesflut anschwellen zu lassen, nicht akzeptieren.
Sie wollten das so, und Sie müssen jetzt folgerichtig auch darüber
entscheiden.
Die zweite Frage, warum wir eine Zweiteilung zwischen qualifizierter Angetrunkenheit
und einfacher Angetrunkenheit vornehmen, ist auf das Vernehmlassungsverfahren
zurückzuführen. In die Vernehmlassung hat der Bundesrat einen
Vorschlag gegeben, wonach die Angetrunkenheit ganz generell bei 0,5 Promille
begonnen hätte. In der Vernehmlassung wurde gesagt, man sei zwar
mit einer Reduktion des Satzes einverstanden, aber man möchte, dass
zwischen 0,5 und 0,8 Promille eine mildere Sanktion einträte, nämlich
dass es eine blosse Übertretung sei. Gestützt darauf haben wir
diese Änderung vorgenommen.
Von daher muss ich Ihnen sagen: Sie müssen auf diese Vorlage eintreten
- vielleicht nicht juristisch, aber jedenfalls politisch. Denn wenn Sie
auf diese Vorlage nicht einträten, dann wäre nicht einmal der
qualifizierte Tatbestand geregelt; der ist nämlich auch offen. Im
Gesetz steht nur: Es gibt qualifizierte Angetrunkenheit; es gibt unqualifizierte
Angetrunkenheit - ohne Zahlen.
Nun wurde hier in der Debatte gesagt: "Ja, mit 0,8 Promille als Grenze
für die qualifizierte Angetrunkenheit sind wir einverstanden; darum
geht es nicht." Aber dann müssen Sie das hier in dieser Verordnung
festhalten und regeln; dazu müssen Sie eintreten, sonst ist diese
Frage nicht gelöst.
Zur inhaltlichen Frage: Sie haben alle gesagt: "qualifiziert: 0,8
Promille - kein Problem; damit sind wir einverstanden; es bleibt so, wie
es heute ist". Also konzentriert sich die politische Debatte nur
auf die einfache Angetrunkenheit: Wo ist sie anzusiedeln? Gibt es eine
solche zwischen 0,5 und 0,8 Promille? Wir schlagen Ihnen 0,5 Promille
vor, aus folgendem Grund: Die Funktionen eines Automobilisten werden ab
einem Blutalkoholgehalt von 0,5 Promille wesentlich und messbar beeinträchtigt.
Studien haben gezeigt, dass das Unfallrisiko ab 0,5 Promille exponentiell
zunimmt; bei 0,6 Promille ist es schon doppelt und bei 0,8 Promille viermal
so hoch. Es wurde gesagt: Bauen wir doch auf die Eigenverantwortung, bauen
wir doch auf die Vernunft. Das ist als Prinzip gut und recht, aber es
ist messbar nachgewiesen, dass die Vernunft, die Sie beschwören,
ab 0,5 Promille wesentlich beeinträchtigt ist. Deswegen können
Sie nicht auf die Vernunft zwischen 0,5 und 0,8 Promille bauen.
Ich verweise auf die ausländischen Erfahrungen. Die Einführung
der 0,5-Promille-Grenze hat in mehreren anderen Ländern zu einem
Rückgang der alkoholbedingten Unfälle um 10 bis 15 Prozent geführt.
Auch die Anzahl der Alkoholfahrten hat insgesamt abgenommen. Weiter resultiert
daraus ein Rückgang der Fahrten mit hohen Alkoholkonzentrationen.
So gingen in Australien die Fahrten mit einer Blutalkoholkonzentration
von über 1,5 Promille um mehr als 40 Prozent zurück, und zwar
im Moment, als die 0,5-Promille-Grenze eingeführt wurde. Ich wiederhole
ebenfalls, dass in all unseren Nachbarstaaten die 0,5-Promille-Grenze
gilt; in Schweden und Norwegen wurde die Grenze auf 0,2 Promille festgelegt;
England, Irland und Luxemburg haben eine Promillegrenze von 0,8...
Ich habe mich natürlich auch gefragt, warum jetzt plötzlich
diese unglaublichen Emotionen aufkommen. Man hat mir gesagt, ich hätte
diese Vorlage besser nach den Wahlen gebracht; das sei jetzt eben so,
weil man vor den Wahlen nichts Unpopuläres entscheiden wolle. Ich
kann das nicht nachvollziehen; denn erstens einmal hat die Vernehmlassung
ein ganz eindeutiges, positives Bild zur Vorlage gezeigt. Es gibt Umfragen,
und ich muss Ihnen in Erinnerung rufen: 71 Prozent der Automobil fahrenden
Bevölkerung begrüssen diese Vorlage; 71 Prozent wollen das.
Ich kann von daher nicht verstehen, wenn man sagt, man wehre sich wegen
den Wahlen...
...Was Sie im Gesetz neu eingeführt haben, ist die anlassfreie Kontrolle.
In Grosskontrollen, in denen das Pannendreieck und das Profil der Pneus
überprüft werden, kann künftig auch der Alkoholwert überprüft
werden, allerdings nur atemweise. Wenn es dann Anzeichen für eine
Grenzwertüberschreitung gibt, folgt als zweiter Schritt der Test
via Blut...
Gesamtabstimmung
Für Annahme des Entwurfes .... 101 Stimmen
Dagegen .... 74 Stimmen
Am
26.11.03 beschloss der Bundesrat eine zweistufige Umsetzung der im revidierten
Strassenverkehrsgesetz festgelegten Massnahmen. Die 0,5 Promillegrenze
kommt auf 1. Januar 2005. Als Grund für die Verzögerung wird
der Personalbedarf und die Ausbildung angegeben. (http://www.alkoholpolitik.ch/
verfolgt die alkoholpolitischen Aktualitäten in der Schweiz
und weltweit.)
Gesamtpaket für
mehr Strassensicherheit tritt ab 2005 in Kraft
Die Schweiz beschreitet zur Erhöhung der Strassensicherheit neue
Wege. Der Bundesrat hat den Zeitplan des Massnahmenpaketes festgelegt,
welches das Parlament mit der der Revision des Strassenverkehrsgesetzes
(SVG) beschlossen hatte. Danach werden der neue Blutalkoholgrenzwert von
0,5 Promille, die Nulltoleranz beim Fahren unter Drogeneinfluss und das
Kaskadensystem für Wiederholungstäter auf den 1. Januar 2005
eingeführt. Auf Ende 2005 folgen die Einführung des Führerausweises
auf Probe und der 2-Phasen-Ausbildung. (Pressemitteilung
des Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie
und Kommunikation (UVEK) vom 26.11.2003)
Alkohol im Strassenverkehr
Der Bundesrat
hat heute die 0,5-Promillegrenze, den Grenzwert 0 für bestimmte Drogen
und die verschärfte Führerausweisentzugsregelung auf den 1. Januar
2005 in Kraft gesetzt. Verdachtsfreie
Atemprobe
Ab dem Inkrafttreten darf die
Polizei Atem-Alkoholkontrollen jederzeit und überall im öffentlichen
Strassenverkehr durchführen. Dies kann sie im Rahmen von allgemeinen
Grosskontrollen, speziellen Alkoholkontrollen oder auch bei der Kontrolle
einzelner Fahrzeuge und Fahrzeugführerinnen und -führer im Alltag
tun. Somit muss jedermann immer damit rechnen, auf Alkohol kontrolliert
zu werden.
0,5-Promille-Grenze
Verkehrsregel:
Als fahrunfähig gilt jedermann, der eine Alkoholkonzentration von
mindestens 0,5 Promille (bisher 0,8 ‰) aufweist oder eine Alkoholmenge
im Körper hat, die zu einer solchen Konzentration führt.
Feststellung der Angetrunkenheit:
Für die Feststellung der Angetrunkenheit ist grundsätzlich die
Blutprobe das geeignete Beweismittel. Bei einem Atem-Alkoholergebnis zwischen
0,50 und 0,79 Promille wird jedoch auf eine Blutprobe verzichtet, wenn
die kontrollierte Person diesen Wert unterschriftlich anerkennt. Ergibt
die Atem-Alkoholmessung einen Wert von 0,8 Promille und mehr, ist immer
eine Blutprobe durchzuführen.
Sanktionen
Je nach Alkoholisierungsgrad
ist mit unterschiedlichen Sanktionen zu rechnen. Angetrunkenheit im Bereich
zwischen 0,5 und 0,79 Promille führt zu einer Busse und/oder einer
Haftstrafe. Sofern der fahrerische Leumund ungetrübt ist und keine
weitere, mindestens leichte Widerhandlung vorliegt, wird eine Verwarnung
ausgesprochen. Andernfalls wird ein Führerausweisentzug für
die Dauer eines Monats angeordnet. Bei 0,8 Promille und mehr ist mit einer
Busse und/oder einer Gefängnisstrafe sowie mit einem Führerausweisentzug
von mindestens drei Monaten zu rechnen.
(Pressemitteilung: 28. April 2004 UVEK Eidgenössisches Departement
für Umwelt, Verkehr, Energie, Kommunikation)
Verkehrsregelnverordnung
(VRV)
1. Teil: Regeln für den Fahrverkehr
1. Abschnitt: Allgemeine Fahrregeln
Art. 2 Zustand des Führers
2. Fahrunfähigkeit wegen Alkoholeinwirkung (Angetrunkenheit) gilt in
jedem Fall als erwiesen, wenn der Fahrzeugführer eine Blutalkohol-Konzentration
von 0,8 oder mehr Gewichtspromillen aufweist oder eine Alkoholmenge im Körper
hat, die zu einer solchen Blutalkohol-Konzentration führt.
(In Kraft seit 1. Jan. 1980, bis 31.12.2004) Strassenverkehrsgesetz
(SVG)
vom 19. Dezember 1958
(Änderung vom 14. Dezember 2001, in Kraft ab 1. Januar 2005) Auf der
Seite "Die Alkoholgesetzgebung der Schweiz"
finden Sie die alkoholrelevanten
Bestimmungen.
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