Europakonferenz Gesundheit, Gesellschaft und Alkohol
Paris, 12.-14. Dezember 1995
Die von der Weltgesundheitsorganisation
Region Europa einberufene Konferenz der Gesundheitsminister hat folgende
Erklärung zu Alkoholpolitik, Alkoholprävention und Therapie verabschiedet:
Ethische Prinzipien
und Ziele
Zur Förderung des Europäischen
Aktionsplans "Alkohol" fordert die Konferenz von Paris alle Mitgliedstaaten
auf, umfassende alkoholpolitische Konzepte zu erarbeiten und Programme
umzusetzen, die - unter Berücksichtigung der unterschiedlichen kulturellen,
sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten - den folgenden
ethischen Prinzipien und Zielen Ausdruck verleihen, wobei davon ausgegangen
wird, dass aus diesem Dokument keine Rechtsansprüche hergeleitet werden
können.
1. Alle Bürger haben das
Recht auf ein vor Unfällen, Gewalttätigkeit und anderen negativen
Begleiterscheinungen des Alkoholkonsums geschütztes Familien-, Gesellschafts-
und Arbeitsleben.
2. Alle Bürger haben das
Recht auf korrekte, unparteiische Information und Aufklärung - von
frühester Jugend an - über die Folgen des Alkoholkonsums für die Gesundheit,
die Familien und die Gesellschaft.
3. Alle Kinder und Jugendlichen
haben das Recht, in einer Umwelt aufzuwachsen, in der sie vor den
negativen Begleiterscheinungen des Alkoholkonsums und soweit wie möglich
vor Alkoholwerbung geschützt werden.
4. Alle alkoholgefährdeten
oder alkoholgeschädigten Bürger und ihre Familienangehörigen haben
das Recht auf Zugang zu Therapie und Betreuung.
5. Alle Bürger, die keinen
Alkohol trinken möchten oder die aus gesundheitlichen oder anderen
Gründen keinen Alkohol trinken dürfen, haben das Recht, keinem Druck
zum Alkoholkonsum ausgesetzt zu werden und in ihrem abstinenten Verhalten
bestärkt zu werden.
Zehn Strategien für
alkoholbezogene Massnahmen
Untersuchungen und Erfolgsmeldungen
in den europäischen Ländern lassen erkennen, dass ein signifikanter
gesundheitlicher und wirtschaftlicher Nutzen für die Europäische Region
erzielt werden kann, wenn in Hinsicht auf die Verwirklichung der vorstehend
genannten ethischen Prinzipien und Ziele bei alkoholbezogenen Massnahmen
die folgenden zehn Gesundheitsförderungs-Strategien in Einklang mit
den unterschiedlichen kulturellen, sozialen, rechtlichen und wirtschaftlichen
Gegebenheiten in jedem Mitgliedstaat umgesetzt werden.
1. Information der Bürger
- von früher Jugend an im Rahmen von Aufklärungsprogrammen - über
die Folgen des Alkoholkonsums für Gesundheit, Familie und Gesellschaft
und über wirkungsvolle Massnahmen, die zur Vorbeugung oder weitestgehenden
Minderung von Schäden ergriffen werden können.
2. Förderung eines vor
Unfällen, Gewalttätigkeit und anderen negativen Folgen des Alkoholkonsums
geschützten öffentlichen, privaten und beruflichen Umfelds.
3. Erlass und Durchführung
von wirkungsvollen Gesetzen gegen Alkohol im Strassenverkehr.
4. Gesundheitsförderung
durch Einschränkung der Verfügbarkeit von alkoholischen Getränken,
z.B. für Jugendliche, und durch Einwirkung auf ihren Preis, beispielsweise
über Steuern.
5. In Anbetracht der in
einigen Ländern bereits bestehenden Beschränkungen oder Werbeverboten
strikte Regeln für die direkte und indirekte Werbung fur alkoholische
Getränke und Sicherstellung, dass sich keine Form der Werbung spezifisch
an Jugendliche richtet, beispielsweise durch eine Verbindung von Alkohol
und Sportausübung.
6. Für alkoholgefährdete
oder alkoholgeschädigte Personen und ihre Familienangehörigen Sicherstellung
des Zugangs zu effizienten Therapie- und Rehabilitationseinrichtungen
mit geschultem Personal.
7. Förderung des ethischen
und rechtlichen Verantwortungsbewusstseins derjenigen, die für die
Vermarktung oder den Ausschank von alkoholischen Getränken zuständig
sind, Gewährleistung von strikten Kontrollen der Produktsicherheit
und Umsetzung angemessener Massnahmen gegen illegale Alkoholherstellung
und illegalen Verkauf.
8. Durch Schulungsmassnahmen
für Fachkräfte in verschiedenen Sektoren - beispielsweise im Gesundheits-,
Sozial-, Erziehungs- und Rechtswesen - sowie durch Stärkung der Entwicklung
und Initiative im Gemeinderahmen bessere Befähigung der Gesellschaft,
mit Alkohol umzugehen.
9. Unterstützung von nichtstaatlichen
Organisationen und Selbsthilfeinitiativen, die gesunde Lebensweisen
fördern, speziell solcher, die Prävention oder Reduzierung von alkoholbedingten
Schäden zum Ziel haben.
10. Formulierung
von breit gefächerten Programmen in den Mitgliedstaaten, unter Berücksichtigung
der vorliegenden Europäischen Charta "Alkohol"; Vorgabe klarer Ziele
und Ergebnisindikatoren; Fortschrittsmessung sowie regelmässige Aktualisierung
von Programmen auf der Grundlage einer Evaluierung.
EXTERNE LINKS
Das Kapitel "Alkoholpolitik im Dienste
der Gesundheit"
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