Revision des Alkoholgesetzes von 1980
(in Kraft seit 1. Jan. 1983)


Text des Gesetzes (Auszug)

Selbstbedienungsläden dürfen Alkohol verkaufen

Die Teilrevision des Alkoholgesetzes von 1932 (Neuordnung des Handels mit gebrannten Wassern zu Trinkzwecken) dürfte kaum mehr referendumsgefährdet sein: Gestern hat der Nationalrat alle extremen Lösungen wie z. B. die Zulassung von «Lockvogel-Preisen». das Verbot der Selbstbedienung, die Verwässerung der Bedürfnisklausel und den Verzicht auf Reklamebeschränkungen abgelehnt und in diesem Sinne die Vorlage mit 109 zu 2 Stimmen verabschiedet.
Bern. DDP. Nachdem der Nationalrat am Montag die Eintretensdebatte über die. Teilrevision des Alkoholgesetzes beendet hatte es ging um eine Verschärfung der Bestimmungen über den Handel mit Schnäpsen und Likören im Sinne der Anliegen der 1979 verworfenen Guttemplervolksinitiative (Begrenzurig der Reklame und des Verkaufs), nahm der Rat gestern die Detailberatung in Angriff.
In den revidierten Gesetzesabschnitt über «Handel mit gebrannten Wassern zu Trinkzwecken» wurden zunächst gewisse Fälle verbotenen Kleinhandels, mit Schnäpsen und Likören aufgezählt. Laut Bundesrat sollte ein solcher Kleinhandel verboten sein unter anderem «zu Preisen, welche keine Kostendeckung gewähren», also zu sogenannten «Lockvogel Preisen». Der Ständerat hatte dieses Verbot schlicht gestrichen, die Nationalrats Kommission befürwortete es, und Schär (LdU/ZH) wollte das Verbot noch verschärfen, indem jeder Gebrannte Wasser Kleinhandel «unter dem Einstandspreis» untersagt sein sollte. Nach einer lebhaften Debatte entschied sich der Rat mit 106 zu 38 Stimmen für Bundesrat und Kommission (Lockvogelpreisverbot).
Nun folgte ein «Schicksalsartikel» des Gesetzes: die Regelung des Verkaufes gebrannter Wasser in Selbstbedienungsläden. Der Bundesrat hatte hier eine klare räumliche Trennung des Schnaps und Likörverkaufs in besonderen Abteilungen beantragt, um die Selbstbedienung etwas zu erschweren. Der Ständerat wollte jedoch Ausnahmen zulassen, wo die räumlichen Verhältnisse eine Abtrennung nicht erlaubten. Die Mehrheit der: Nationalratskommission hatte die Selbstbedienung überhaupt verboten und nur den «Verkauf mit Bedienung» gestattet.
Biderbost (CVP/VS) plädierte für die liberalere Lösung des Ständerats: Durch
«hübsche Verkäuferinnen» könne der Schnapsverkauf sogar noch mehr angeheizt werden als durch Selbstbedienung. Bircher (SP/AG) dagegen beantragte Streichurig sämtlicher Verkaufseinschränkungen, weil von diesen letztlich nur die Supermärkte profitierten, die sowohl Zusatzräume wie Verkäuferinnen zu finanzieren vermöchten. Nach einer lebhaften Diskussion setzte sich Biderbost (Bundesrat und Ständerat) durch, indem die Kommissionsmehrheit mit 69 zu 60 und Bircher mit 100 zu 32 Stimmen unterlagen.
Es folgte die ausserordentlich wichtige Bestimmung über die Beschränkung der Werbung für Schnäpse und Liköre. Bundesrat und Kommission hatten eigene Texte ausgearbeitet, nach denen bei der Werbung «unsachliche Angaben» verboten sein sollten, die z. B. «Gedanken an ideelle Werte hervorrufen» oder mit der War! in keinem «natürlichen Zusammenhang» stehen. Der Ständerat hatte den Bundesrats-Text gekürzt und abgeschwächt. Während de Chastonay (CVP/VS) für den Ständerats Text warb, lehnte Weber (SP/TG) sämtliche Texte als nicht korrekt auslegbar und damit nicht praktikabel ab. Bäumlin (SP/BE) dagegen erinnerte an die anlässlich der Abstimmung über die Guttempler Initiative gemachten Versprechungen bezüglich Reklame Beschränkung und legte folgenden eigenen Text vor: «Die Werbung für gebrannte Wasser darf in Wort, Bild und Ton nur Angaben und Darstellungen enthalten, die sich unmittelbar auf das Produkt und seine Eigenschaften beziehen.» Damit habe Bäumlin «das Ei des Kolumbus nicht nur gefunden, sondern sogar gelegt», meinte Bundesrat Ritschard - und der Nationalrat stimmte zu: Mit 147 zu 2 Stimmen obsiegte Bäumlin gegenüber der Kommission, mit 91 zu 48 Stimmen gegenüber de Chastonay und mit ebenfalls 91 zu 43 Stimmen gegenüber Weber.

SFA zufrieden mit Alkoholgesetz

Lausanne. DDP. Die Schweizerische Fachstelle für Alkoholprobleme (SFA) in Lausanne hat mit Genugtuung von den Beschlüssen des Nationalrates zur Revision des Alkoholgesetzes Kenntnis genommen. Wenn auch nicht alle wünschenswerten Massnahmen berücksichtigt worden seien, so stelle die von der Grossen Kammer genehmigte Vorlage doch eine wesentliche Verbesserung gegenüber, der bisherigen Regelung und der Fassung des Ständerates .dar, heisst es in einer SFA Pressemitteilung. Die vom Nationalrat beschlossenen Einschränkungen des Handels mit gebrannten Wassern und der Spirituosenreklame werden nach Ansicht der Fachstelle dazu beitragen, dass ein weiteres. Ansteigen des Schnapskonsums gestoppt werden kann. Und dies sei eine Voraussetzung dafür„dass die alkoholbedingten Schäden und die alkoholbedingten Kosten für die Allgemeinheit gesenkt werden könnten.
(Basler Zeitung, 12. März 1980, S. 13)


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