Kampf um eine umfassende Alkoholsteuer


Für eine echte Alkoholsteuer (1995)

Experten des Bundes schlagen Weinsteuer vor
Wer Wein trinkt, soll ebenfalls zur Deckung der hohen sozialen Kosten des Alkoholkonsums beitragen. Experten des Bundes schlagen vor, in die Verfassung eine allgemeine Alkoholsteuer aufzunehmen, die neben den gebrannten Wassern und dem Bier neu auch den Wein umfasst. Der Wein mache immerhin 50% des gesamten Alkoholkonsums aus und dürfe nur schon aus Gründen der Steuergerechtigkeit nicht länger privilegiert werden, meinen die Experten.
Die Projektgruppe für die Verfassungsrevision im Bereich der Alkoholbewirtschaftung hat dem Bundesrat einen Bericht* überstellt, in dem auf einen grossen Mangel hingewiesen wird: die enormen sozialen Kosten des Alkoholkonsums, die sich auf mindestens zwei Milliarden Franken jährlich belaufen, sind heute nicht genügend gedeckt. Die Verursacher dieser Kosten übernehmen davon nur gerade einen Drittel; zwei Drittel muss über Steuern und Sozialversicherungen die Allgemeinheit tragen. Vor allem die Weinkonsumenten steuern kaum etwas zur Deckung der von ihnen verursachten Kosten bei, wird doch der Wein bis heute von Steuern weitgehend ausgeklammert.
" Politisch schwieriges Unterfangen "
Um dies zu ändern, schlagen die Experten nun die Einführung einer allgemeinen Alkoholsteuer vor, die sämtliche alkoholischen Getränke einschliesst. Mit der eurokompatiblen und administrativ einfachen Weinsteuer könnten zudem die Mindereinnahmen aus dem Übergang zum Einheitssatz bei den gebrannten Wassern kompensiert werden. Die Projektgruppe räumt jedoch ein, dass die Weinsteuer " ein politisch eher schwieriges Unterfangen " sei. Der Bundesrat hat den Expertenbericht zur Kenntnis genommen und ihn an das Eidgenössische Finanzdepartement weitergeleitet.
Im Blickpunkt
Als eine " Schnapsidee " bezeichnete der Schweiz grösstes Boulevardblatt die Forderung einer durch den Bundesrat eingesetzten interdepartementalen Arbeitsgruppe, nicht nur den Schnaps, sondern auch den Wein mit einer Sondersteuer zu belegen. Die Forderung ist nicht neu - die Eidgenössische Kommission für Alkoholfragen und auch die SFA haben seit Jahren wiederholt darauf hingewiesen, dass eine alle alkoholischen Getränke umfassende Besteuerung sich aufdränge, da 80% des in der Schweiz konsumierten Alkohols in Form von Wein und Bier gebraucht würden. Sonderverbrauchssteuern stossen kaum auf viel Sympathie bei der Bevölkerung, doch angesichts der riesigen sozialen Kosten, die durch den Alkoholmissbrauch verursacht und durch die Alkoholkonsumenten nicht gedeckt werden, ist die Forderung nach einer allgemeinen Alkoholsteuer nur folgerichtig und sozial gerecht, bittet sie doch die Verursacher zur Kasse. Die Bundesverfassung legt zudem fest, dass die Alkoholpolitik des Bundes so zu gestalten sei, dass der Alkoholkonsum aus volksgesundheitlichen Gründen vermindert werde. Das heisst, die Forderung nach einer allgemeinen Alkoholsteuer berücksichtigt nicht nur das Verursacherprinzip, sondern gründet auch auf einem wichtigen volksgesundheitlichen Postulat. Prävention mit dem Geldbeutel gewissermassen? Gewiss - ist sie doch die wirksamste und zudem billigste Vorbeugung von Alkoholproblemen.

Eine Weinsteuer ist sinnvoll und notwendig

Die Weinsteuer soll Sozialkosten des Alkoholkonsums decken helfen. Die Steuern auf Spirituosen decken soziale Kosten nicht.
Die Steuern auf Spirituosen – nur sie werden aus historisch-gesundheitspolitischen Gründen besteuert – decken nur einen Teil der sozialen Kosten, die der missbräuchliche Alkoholkonsum mit sich bringt. Diese Kosten betragen pro Jahr rund 3 Milliarden Franken; die bestehenden Alkoholsteuern (Schnapssteuer, Biersteuer, Zollabgaben für Wein) bringen dem Staat rund 500 Millionen Franken jährlich (1991/95).
Eine Besteuerung des Weines entspricht dem Verursacherprinzip
"Die Anwendung des Verursacherprinzips verträgt sich bestens mit liberalem Gedankengut." (SR Christine Beerli, Präsidentin der Eidg. Kommission für Alkoholfragen. Diese Kommission unterstützt die Besteuerung aller alkoholischen Getränke.) Der Nationalrat hat das Verursacherprinzip in der Diskussion um die Energiesteuerabgabe deutlich anerkannt.
Die Steuergerechtigkeit erfordert eine Besteuerung aller alkoholischer Getränke
Der Spirituosenkonsum macht nur 20% des Gesamtalkoholkonsums aus, der Wein hingegen 50%, Bier 30%. Während der Schnaps und das Bier besteuert werden, gibt es keine Weinsteuer.
Kein Wettbewerbsnachteil für inländische Winzer

Eine Mengenbesteuerung auf Wein vermindert den Kostenvorteil billiger Importwaren im Vergleich zur teureren inländischen Produktion. Eine Mengenbesteuerung bringt den einheimischen Weinproduzenten eher einen Wettbewerbsvorteil.
Eine massvolle Besteuerung auf Wein hat keinen Lenkungseffekt
Eine massvoll Abgabe von beispielsweise einem Franken pro Liter Wein hätte kaum eine konsumreduzierende Wirkung, da die Preiselastizität der Nachfrage nach Wein nur gering ist.
Eine Weinsteuer kompensiert die Einnahmeausfälle der Schnapssteuer
Die Vereinheitlichung der Besteuerung inländischer und ausländischer Schnäpse führt zu Einkommensausfällen bei der Eidgenössischen Alkoholverwaltung. Bund und Kantone haben mithin Einnahmeausfälle zu verzeichnen (Einnahmeausfälle für die AHV sowie für den Alkoholzehntel). Eine massvolle Weinsteuer würde diese Ausfälle kompensieren und gäbe auch den Kantonen finanzielle Mittel für die Erfüllung von Aufgaben in Prävention und Betreuung.
Die leidende Bundeskasse bekommt 300 Millionen
Eine Besteuerung des Weines von einem Franken pro Liter erbringt der notleidenden Bundeskasse rund 300 Millionen Franken.
Die Mehrheit der Bevölkerung ist für eine zweckgebundene Besteuerung des Weines
Eine 1997 bei 1126 15- bis 74jährigen durchgeführte Repräsentativumfrage (IHA/GfM im Auftrag der SFA) bestätigt: Die Schweizerbevölkerung in allen Landesteilen – auch in der Romandie - würde eine massvolle Besteuerung des Weines befürworten, wenn diese der AHV/IV zukäme.
Richard Müller

*Revision der Bundesverfassung im Bereich der Alkoholbewirtschaftung , Bericht der interdepartementalen Projektgruppe aufgrund eines Auftrages des Bundesrates vom 27. April 1994, 28. Dezember 1995
So hätte der Artikel ausgesehen:
Artikel 32bis der Bundesverfassung
1 Der Bund regelt die Herstellung gebrannter Wasser.
2 Der Bund kann Vorschriften über den Handel mit gebrannten Wassern und anderen alkoholhaltigen Erzeugnissen erlassen.
3 Der Bund kann Steuern auf gebrannten Wassern und alkoholhaltigen Erzeugnissen erheben.
4 Die Vorschriften über die Herstellung; den Handel und die Besteuerung von gebrannten Wassern und alkoholhaltigen Erzeugnissen zu Genusszwecken sind so
auszugestalten, dass sie den gesundheitlich und volkswirtschaftlich schädlichen
Wirkungen des Alkoholkonsums vorbeugen und sie vermindern.
5 Die Kantone erhalten zehn Prozent vom Reinertrag des Bundes aus der Besteuerung der gebrannten Wasser und alkoholhaltiger Erzeugnisse zur Vorbeugung und: Behebung von Suchtproblemen und ihren Folgen. Die Mittel werden im Verhältnis der Wohnbevölkerung unter die Kantone verteilt. Der Bund verwendet seinen Anteil für die Alters-, Hinterlassenen und Invalidenversicherung:
6 Die Kantone können im Interesse der Gesundheit end zum Schutze der Jugend den Kleinhandel mit gebrannten Wassern end alkoholhaltigen Erzeugnissen zusätzlich regeln.


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Kampf um eine umfassende Alkoholsteuer
 
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Geschichte des Beirates von SAS - SFA/ISPA 1913-1982
Schweizerischer Rat für Alkoholprobleme
1995: Wirt ist ein ganz spezieller Beruf

1987: Alkoholpolitik zwischen Wirtschaft und Gesundheit
Prof. Dr. Gustav von Bunge 1844 - 1920
"Die Alkoholfrage", Vortrag von Prof. Dr. Gustav von Bunge
Die Alkoholartikel der Bundesverfassung von 1885
Die Alkoholartikel in der Bundesverfassung Ende 1999
Die Alkoholartikel in der Bundesverfassung 2000
Prohibition – kein aktuelles Thema
Die Urheber der Volksinitiative «gegen Suchtmittelreklame»
50 Jahre Alkoholpolitik in der Schweiz (1938)
Revision des Alkoholgesetzes von 1980
Ausserdem:
Chroniken zur schweizerischen Alkoholpolitik
Heim:

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