Sechs alkoholpolitische KraftakteVolksinitiativen und Volksabstimmungen 1908: Absinthverbot - 1929: Gemeindebestimmungsrecht (Branntwein) - 1941: REVAL (Alkoholgesetz) - 1966: Alkoholsteuer auf alle Alkoholika ("Landesring-Initiative") - 1979: Verbot der Suchtmittelreklame ("Guttempler-Initiative") - 1993: Verbot der Alkohol- und Tabakwerbung ("Zwillingsinitiativen") Das Bundesamt für Gesundheit veröffentlicht eine Liste politischer Geschäfte im Alkoholbereich, historischer Kommentar mit Volltext aller Botschaften des Bundesrates. Gute Gesetze braucht unser LandDie SAS (Secrétariat antialcoolique suisse) und später die SFA (Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme) in Lausanne haben alkoholpolitische Massnahmen zur Beeinflussung des Angebotes alkoholischer Getränke immer unterstützt. Im Vordergrund standen Vorschriften auf folgenden Gebieten:
Die ersten drei "Kraftproben" der SAS befassten sich mit gebrannten Wassern, die drei folgenden schliesslich mit allen Alkoholika. Dies bedeutet aber nicht, dass in der ersten Phase die vergorenen oder in der zweiten gebrannten Wasser von unserer Stelle vernachlässigt wurden. Das hinderte noch in den 70er Jahren Zeitungsschreiber nicht daran, von den "einäugigen Antischnäpslern in Lausanne" zu sprechen. Weder für die SAS noch die SFA waren aber die Gesetze das Ziel, sie waren wie die Aufklärung (später "Information" genannt) notwendige, aber nicht hinreichende Mittel zur Verhütung von Alkoholproblemen, der Primärprävention. Vorschriften zur Angebotsregelung finden sich vor allem in der Alkoholgesetzgebung (= Branntweingesetzgebung) des Bundes und in den kantonalen Wirtschaftsgesetzen (= Gastwirtschaftsgesetze), aber auch im eidgenössischen Lebensmittelgesetz und in der Lebenmittelverordnung. Unsere Fachstelle setzt sich bei Behörden und Parlamentariern aller Ebenen für eine Verbesserung und gegen eine Verwässerung der Vorschriften ein. Oft fehlt aber der Wille der Amtsträger, das Richtige zu tun, oder der Einfluss der wirtschaftlichen Interessen ist stärker. Für gewisse Massnahmen fehlen auch die Grundlagen in der Bundesverfassung. Daher startete oder unterstützte unsere Stelle politische Kraftakte, die versuchten, eine Mehrheit der Stimmbürger - später auch der Stimmbürgerinnen - zu überzeugen. So lancierte die Stelle 2 Initiativen, unterstützte 3 weitere sehr aktiv und bekämpfte eine mit allen Kräften. Über diese "alkoholpolitsichen Kraftproben" wird im Folgenden kurz berichtet. |
Ein Wort über GesetzeWir möchten aber nicht über Gesetzesrevisionen schreiben, ohne zunächst vor einer gewissen Überschätzung der Gesetzesmacht zu warnen. Im Kampfe um die Volksnüchternheit liegt die Bedeutung der Gesetze gewöhnlich weniger in dem, was sie schaffen, als in denn, was sie abschaffen. Die Hauptsache, auf die es ankommt, neue Anschauungen, neue Sitten, einen neuen Lebensstil zu bilden, das vermögen Gesetze für sich allein nicht! Das vermag nur eine starke, das ganze Volk erfassende Antialkoholbewegung. Gesetze sind zwar unentbehrlich, sie sind aber nicht Ziel, sondern nur Hilfsmittel. Auch kommt es im allgemeinen weniger auf den Buchstaben des Gesetzes an, als auf den Ernst, mit dem Volk und Behörden dessen Durchführung fordern. Gesetze gegen Volksunsitten sind nur soviel wert, als der Volkswille wert ist, der dahinter steht. Sonst gleichen sie, um ein Wort des weisen Solon zu gebrauchen, den Spinngeweben: fällt etwas Leichtes und Schwaches hinein, so wird es festgehalten, wenn aber etwas Grösseres, so schlägt es durch und kommt heil davon. Gewiss darf sich der Gesetzgeber nicht nach den Anschauungen des rückständigsten Viertels der Wählerschaft richten: aber wenn er in seiner Arbeit auf Erfolg zählen will, muss er zum mindesten den fortschrittlichern Viertel der Wähler entschlossen hinter sich haben. Diese Voraussetzungen für
die Einführung eines Gesetzes gelten in keinem Lande mehr als im
unsrigen. Erstens muss jedes Gesetz, entweder von Verfassungswegen oder
dann infolge eines Referendums, dem Volke zur Abstimmung unterbreitet
werden. Zweitens müssen wohl in keinem Lande die Gesetzesvollstrecker,
vom Regierungsrat bis zum Dorfpolizisten, derart auf das Volksempfinden
Rücksicht nehmen wie in unserer ältesten Demokratie der Welt. |
1908: Initiative "für ein Absinthverbot"Grüne Fee - grünes Gift
Der Konsum des Absinthlikörs war um die Jahrhundertwende in den welschen Kantonen weit verbreitet (Historischer Hintergrund und gesetzliche Grundlagen zum Absinth, vor der Legalisierung). Von anderen Alkoholika unterschied er sich durch einen hohen Alkoholgehalt, seinen günstigen Preis und den Gehalt an giftigem Thujon. Seine schädlichen Wirkungen auf die körperliche und vor allem psychische Gesundheit sind unbestritten. Er wurde aber zum Symbol des "Volksfeindes Alkohol", zum Sündenbock. Auslöser für das Verbot waren einige Aufsehen erregende Kriminalfälle, u.a. ein Mord im waadtländischen Commugny, bei dem am 28. August 1905 ein Mann im Rausch seine Ehefrau und die beiden Töchter erschoss. Die Ursache für dieses und andere Verbrechen sah man im Missbrauch von Absinth. Zunächst wurde in den Kantonen Waadt und Genf (1906 und 1907, in beiden Kantonen nach einem Referendum in der Volksabstimmung genehmigt) und dann auf nationaler Ebene ein Absinthverbot durchgesetzt. Die Massnahme hat gesundheitspolitische, aber auch viele emotionale Ursachen, welche in den besonderen historischen Gegebenheiten jener Epoche begründet liegen. Verboten wurde der Absinth auch in Belgien (1906) und Frankreich (1915). Dieser Verfassungsartikel war von Anfang an Thema verfassungspolitischer Grundsatzdiskussionen. William E. Rappard schrieb 1948 in seinem Werk über die Bundesverfassung, sie sei "in mehrfacher Hinsicht die bedeutendste all der Initiativen". Sie sei bemerkenswert, nicht nur "weil sie zur Bekämpfung eines schwerwiegenden Übels bestimmt" gewesen und "der Charakter der Massnahmen heroisch zu nennen" war, sondern auch "wegen des Eifers ihrer Anhänger" und "wegen ihres siegreichen Ausganges", obwohl sie von der Regierung "energisch bekämpft worden" war. Zu Recht wurde der Artikel aber zum Beispiel für die Detailsucht unserer Bundesverfassung - da bis heute noch das Recht der Gesetzesinititiative fehlt, blieb dem Volk aber kein anderer Weg. Bei gutem Willen des Bundesrates hätte sogar ein Artikel in einer Verordnung genügt. In der bereinigten Verfassung, seit 2000 in Kraft, ist das Absinthverbot nicht mehr zu finden, hingegen in der Lebensmittelverordnung, wo Absinth so definiert wird: "Als Absinth gilt jede Spirituose, die Thujon sowie aromatische Bestandteile des Wermutkrautes in Verbindung mit anderen aromatischen Stoffen, wie Anis, Fenchel und dergleichen enthält, nach Anis oder Fenchel riecht und beim Verdünnen mit Wasser ein trübes Getränk ergibt." Beschlossen wurde die Lancierung
der Initiative vom "Schweizerischen Absinthkongress" am 17.
Dezember 1905 in Bern; als Sekretariat amtete die SAS, deren Direktor
R. Hercod seit dem 15. August 1905 vollamtlich angestellt war. Am 1. August
1906 begann die Unterschriftensammlung, am 31. Januar 1907 konnten 167'814
gültige Unterschriften eingereicht werden. Der Bundesrat beantragte
Ablehnung, aber beide Räte empfahlen in namentlicher Abstimmung die
Annahme. (Dass die Zustimmung der welschen Räte stärker war,
hat seinen Grund wohl auch darin, dass der billige Absinth den Wein konkurrenzierte.) Die Initiative wurde am 5.
Juli 1908 mit 241'078 (63.5%) Ja-Stimmen gegen138'669 (36.5%) Nein-Stimmen
angenommen. 17 6/2 Stände stimmten zu, 2 Stände (Neuenburg und
Genf) lehnten ab. In Kraft trat das Verbot am 7. Oktober 1910. Trotz Verbot
wurden und werden echter und falscher Absinth produziert, verkauft und
konsumiert, wenn auch nur in geringen Mengen. (Der Konsum ist, anders
als z.B. bei Cannabis, nicht verboten.) Es bildete sich ein eigentlicher
Absinthkult, dem im ursprünglichen Produktionsgebiet, im neuenburgischen
Val-de-Travers ein Museum gewidmet ist. 1929: Initiative "Branntweinverbot" (Gemeindebestimmungsrecht)Keinen Schnaps in meiner Gemeinde!
Vorbilder des Gemeindebestimmungsrechtes, das einer Gemeinde erlaubte, selber über den Verkauf von Alkohol an ihrem Ort zu entscheiden, gab es u.a. in den USA ("Local Option") und in Dänemark. Am 21. Januar 1921 wurde die Initiative lanciert, die nicht, wie der offizielle Titel glauben lässt, ein landesweites Verbot des Branntweines forderte, sondern Kantonen und Gemeinden des Recht dazu erteilen wollte, auf ihrem Gebiet ein solches Verbot zu erlassen. Schon am 10. November desselben Jahres konnte sie eingereicht werden - zur Abstimmung kam sie allerdings erst am 12. Mai 1929. Im Rahmen der Neuordnung der Alkoholgesetzgebung machten die am Branntwein wirtschaftlich interessierten Kreise ihre Zustimmung zur Bundesvorlage von der Ablehnung der Initiative abhängig, was eine Volksabstimmung plötzlich notwendig machte. Schon während der Sammelzeit wurde sie von einer "Schweizerischen Vereinigung der Prohibitionsgegner" heftig bekämpft. Die Unterschriftensammlung und der Abstimmungskampf in der französischsprachigen Schweiz wurden von der SAS organisiert. Hauptträger war die damals einflussreiche und politisch motivierte Abstinenzbewegung. In der Deutschschweiz war die "Gesellschaft für das Gemeindebestimmungsrecht" aktiv. In den Kampf um die Alkoholordnung griff auch ein "Nat. Verband gegen die Schnapsgefahr" ein. Die SAS fand Unterstützung durch zwei Prominente, die freiwillig in Lausanne arbeiteten: Dr. Fritz Heberlein, Jurist, Journalist, Guttempler und Fritz Schwarz, Lehrer, Journalist, Politiker, Guttempler. Die Initiative wurde am 12.
Mai 1929 mit 226'794 (32.7%) Ja gegen 467'724 (67.3%) Nein verworfen.
Angenommen wurde sie nur vom Kanton Basel-Stadt mit 64%, am stärksten
war die Ablehnung in Nidwalden mit 81% Nein. Die Befürworter der
Initiative sahen als positive Folge ihrer Aufklärungskampagne die
Einführung des "Morgenschnapsverbotes" in mehreren Kantonen.
1941: Gegen die Initiative "Neuordnung des Alkoholwesens" (REVAL)Kahlschlag in der Alkoholgesetzgebung?
Die Initiative verlangte einen fast vollständigen Kahlschlag der 1930 angenommen Verfassungsbestimmung über die gebrannten Wasser: Verschwinden sollten alle Restriktionen, die Besteuerung und das "Beamtenheer" der Alkoholverwaltung (118 Beamte ); die Förderung des Obst- und Kartoffelbaus dagegen sollte bleiben. Die Initiative wurde am 1. Dezember 1936 vom Innerschweizer Bauernbund als Interessenvertreter der Kirschproduzenten der Innerschweiz lanciert und am 29. Dezember 1937 eingereicht. Die SAS und die Abstinenzbewegung bekämpften die Vorlage mit aller Kraft, obwohl sie die geltenden Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen als viel zu wenig weitgehend betrachteten. So hatten sie in den 20er Jahren ein Verbot der Hausbrennerei gefordert, zogen aber deren Kontrolle im Gesetz von 1932 der Alternative "Wildwuchs" der Reval vor. Die Initiative wurde am 9. März 1941 mit 452'873 (59.8%) Nein-Stimmen gegen 304'867 (40.2%) Ja-Stimmen verworfen. Angenommen wurde sie von 5 3/2 Ständen (UR, SZ, OW, NW, ZG, SO, AI, AG). Die geringste Zustimmung erhielt sie in den Kantonen mit der niedrigsten Stimmbeteiligung: NE 9% Ja, GE 8% Ja. Die Innerschweizer Schnapsprobleme fanden im Welschland kaum Interesse. Mit dieser Volksabstimmung
wurde die Revision der Alkoholartikel nach zwei Jahrzehnten politischen
und wirtschaftlichen Gerangels abgeschlossen. Markus Wieser, Direktor
der SAS, bezeichnet das Alkoholgesetz in einem Artikel zu dessen 100jährigen
Bestehen als "typisches Produkt der schweizerischen Konkordanzdemokratie",
die allerdings "scheitere, wenn fundamentale Interessengegensätze
auf einande treffen". Das Alkoholgesetz blieb - bis heute - ein Branntweingesetz.
Zwei Dinge hätten die Schöpfer der Alkoholgesetzgebung aber
intuitiv erkannt: Die "Branntweinpest" - so genannt u.a. von Heinrich Zschokke (1837) und im Staatsverwaltungsbericht des Kantons Bern (1839) und von Jeremias Gotthelf so bildhaft beschrieben - war mit der neuen Gesetzgebung im Griff oder zumindest etwas unter Decke. (Der Pro-Kopf-Konsum war von 1880 bis 1950 von 17,3 auf 3,9 Liter gesunken; im Jahr 2000 betrug er 3,9 Liter.) Das Alkoholproblem konnte nun als Problem aller Alkoholika angegangen werden. 1966: Initiative "zur Bekämpfung des Alkoholismus" (Alkoholsteuer)Alkohol ist Alkohol ist Alkohol
Diese Initiative nahm die Idee einer allgemeinen Getränkesteuer, wie sie von 1935 bis 1937 bereits bestanden hatte, wieder auf. Auf die Weinsteuer hatte der Bund wegen der Opposition der Rebbauern, die zivilen Ungehorsam propagierten ("Beantwortet keine Briefe aus Bern! Gewährt den Beamten keinen Einlass!) und in einen Volksaufstand zu münden drohte, auf den 1. Oktober 1937 wieder verzichtet. Die Initiative wurde am 6. April 1963 vom Landesring der Unabhängigen (LdU) lanciert und konnte schon am 30. Oktober desselben Jahres eingereicht werden. (Sie wurde daher oft "Landesringinitiative") genannt. Der LdU, die Partei des Migros-Gründers Gottlieb Duttweiler, war für Massnahmen gegen Alkohol- und Tabakprobleme sehr offen, da die Migros weder Alkohol noch Tabak verkauft. Im Abstimmungskampf betreute aber das SAS die Dokumentationsstelle des "Überparteilichen Komitees zur Bekämpfung des Alkoholismus". Die Initiative gehört
zu den vielseitigen und lange dauernden Bemühungen, alle alkoholischen
Getränke ihrem Alkoholgehalt entsprechend zu besteuern und damit
einerseits Mittel für öffentliche Aufgaben zu beschaffen und
anderseits den Konsum einzudämmen.
Weitere Bestrebungen zur Besteuerung aller Alkoholika sind seitdem immer gescheitert, ohne dass es zu einer Volksabstimmung kam. Alles Expertenwissen blieb politisch erfolglos. ThemenwechselDie folgenden Initiativen versuchten, die Alkohol- und Tabakwerbung zu beseitigen, die in den letzten Jahren an Umfang und Raffinesse zugenommen hatten. Im Volk war ein Widerstand gegen die "geheimen Verführer" zu spüren, vor allen es gesundheitsgefährdende Produkte ging. Politisch liess sich diese Stimmung allerdings nicht ausmünzen. Die Initianten gingen von der Überzeugung aus, dass die Reklame bzw. die Werbung einer der Faktoren darstellt, die den Konsum fördern, und damit zu auch zu Alkohol- und Tabakproblemen beiträgt. Die Schäden habe dann die Allgemeinheit zu tragen, während die Gewinne Privaten zukommen. Besonders gefährdet seien Kinder und Jugendliche; dieser Aspekt wurde vor allem bei der zweiten Initiative betont. Die Gegner bekämpften die Initiativen mit Erfolg mit Argumenten, die sich z. T. widersprachen:
1979: Initiative "gegen Suchtmittelreklame" ("Guttempler-Initiative")Keine Reklame für gefährliche Produkte
Um der von der SAS durchgeführten "Aktion Gesundes Volk A74" eine längere Wirkung zu sichern, lancierte die Schweizer Guttempler-Jugend SGJ am 14. September 1974 die "Initiative gegen Suchtmittelreklame", die am 10. April 1976 eingereicht werden konnte. Das Abstimmungskomitee "Aktion für die Gesundheit" wurde von der SAS - nun SFA - betreut. Sie wurde am 18. Februar 1979
mit 1'115'116 (59%) Neinstimmen gegen 773'485 (41%) 1993: Initiative "zur Verminderung der Alkoholprobleme" ("Zwillings-Initiativen")Glaubhaft bleiben
In der Hoffnung, die am Tabak bzw. am Alkohol interessierten Gegner eines Werbeverbotes zu trennen, die sich gegen die "Guttempler-Initiative" vereinigt hatten, wurden zwei Initiativen als "Zwillinge" lanciert. (Während der Sammelzeit diente auch ein Zwillingspäärchen als Logo.)
Die Initiative wurde von einem Katacheten angeregt, der sich in seinem Unterricht über Alkohol- und Tabakprobleme immer mit den Fragen der Schüler konfrontiert wurde, warum denn für die gefährlichen Produkte Werbung gemacht werden dürfen. Die an der Prävention interessierten Kreise gründeten einen Trägerverein (Schweizerischer Verein zur Verminderung der Tabak- und Alkoholprobleme SVTA ) für die Lancierung der Initiative und den Abstimmungskampf, der ein eigenes Sekretariat einrichtete. Die SFA beteiligte sich personell und finanziell sehr stark an der Kampagne. Die Werbe-, Alkohol-, und Tabakwirtschaft war angesichts der Fastniederlage von 1979 hinter und vor den Kulissen sehr aktiv und erfolgreich. Die Volksabstimmung fand am 28. November 1993 statt. Der Alkoholteil wurde mit 1'527'165 (74.7%) Nein-Stimmen gegen 516'054 (25.3%) Ja-Stimmen verworfen. Der Tabakteil kam ein wenig besser davon: 1'521'885 (74.5%) Nein gegen 521'433 (25.5%) Ja. Sie wurden in allen Kantonen verworfen; am meisten Ja-Stimmen brachte der Kantone Basel-Stadt (33%). Am stärksten war die Ablehnung wiederum im Wallis mit nur 13% Ja.
Ein erster Vergleich der Kantonsresultate bei allen Volksabstimmungen zeigt folgende Tendenz: Die Stadtkantone vor allem der Deutschschweiz sind eher geneigt, Einschränkungen zugunsten der Volksgesundheit anzunehmen, während die ländlichen Kantone vor der Inner- und Westschweiz an ihrer Alkoholfreiheit festhalten wollen. 20??: Neue Kraftproben?Wird die SFA in diesem Jahrhundert noch einmal zu einer Kraftprobe antreten? Den Souverän direkt aufzufordern, im Schweizerhaus für Ordnung zu sorgen, mag dem überlieferten Demokratieverständnis entsprechen. Die Erfahrungen der letzten Jahre - nicht nur auf unserem Gebiet - haben aber gezeigt, dass wirtschaftlich interessierte Kreise über Finanzen verfügen können, die unsere Mittel bei weitem übertreffen. Zudem weht der Wind allen kräftig ins Gesicht, die mehr Vorschriften wollen - seien diese noch so sinnvoll. Die Gesellschaft will Freiheit, die Wirtschaft will Gewinn; Liberalisierung, Marktwirtschaft und Selbstregulierung sind Trumpf. Die SFA wird aber weiterhin nach wissenschaftlichen Lösungen zur Verhütung von Suchtproblemen suchen und diese Erkenntnisse unter den politischen Akteuren verbreiten. Und politisch verantwortlich sind wir eigentlich alle. Eduard Muster Dieser Artikel wurde in der Festschrift "100 Jahre SFA" veröffentlicht Bestimmungen über den Alkohol in der neuen Bundesverfassung (ab 2000) Art. 105 Alkohol Die Gesetzgebung über Herstellung, Einfuhr, Reinigung und Verkauf gebrannter Wasser ist Sache des Bundes. Der Bund trägt insbesondere den schädlichen Wirkungen des Alkoholkonsums Rechnung. * Art. 131 Besondere Verbrauchssteuern 1 Der Bund kann besondere Verbrauchssteuern erheben auf: a. Tabak und Tabakwaren; b. gebrannten Wassern; c. Bier; d. Automobilen und ihren Bestandteilen; e. Erdöl, anderen Mineralölen, Erdgas und den aus ihrer Verarbeitung gewonnenen Produkten sowie auf Treibstoffen. 2 Er kann auf der Verbrauchssteuer auf Treibstoffen einen Zuschlag erheben. 3 Die Kantone erhalten 10 Prozent des Reinertrags aus der Besteuerung der gebrannten Wasser. Diese Mittel sind zur Bekämpfung der Ursachen und Wirkungen von Suchtproblemen zu verwenden. *Das Alkoholgesetz stützt sich auf diese Bestimmung. Alkohol ist auch in der Lebensmittelverordnung geregelt. Lebensmittelverordnung, Artikel 22c, 37 und 37a Eine Zusammenstellung der schweizerischen Gesetzgebung über die alkoholischen Getränke findet sich im Kapitel "Die Alkoholgesetzgebung der Schweiz". Bestimmungen über den Alkohol in der alten Bundesverfassung (Die "Kraftakte" beziehen sich auf die alte Bundesverfasung) Art. 32bis: Gebrannte Wasser 1 Der Bund ist befugt, auf dem Wege der Gesetzgebung Vorschriften über die Herstellung, die Einfuhr, die Reinigung, den Verkauf und die fiskalische Belastung gebrannter Wasser zu erlassen. 2 Die Gesetzgebung ist so zu gestalten, dass sie den Verbrauch von Trinkbranntwein und dementsprechend dessen Einfuhr und Herstellung vermindert. Sie fördert den Tafelobstbau und die Verwendung der inländischen Brennereirohstoffe als Nahrungs- oder Futtermittel. 3 Die gewerbsmässige Herstellung gebrannter Wasser wird durch Konzession genossenschaftlichen und andern privatwirtschaftlichen Unternehmungen übertragen. Die erteilten Konzessionen sollen die Verwertung der Abfälle des Obst-, Wein- und Zuckerrübenbaues und der Überschüsse des Obst- und Kartoffelbaues ermöglichen, soweit diese Rohstoffe nicht anders zweckmässig verwendet werden können. 4 Das nicht gewerbsmässige Herstellen oder Herstellenlassen von Trinkbranntwein aus Obst und Obstabfällen, Obstwein, Most, Wein, Traubentrestern, Weinhefe, Enzianwurzeln und ähnlichen Stoffen ist in den schon vorhandenen Hausbrennereien oder in fahrbaren Brennereien gestattet, wenn diese Stoffe ausschliesslich inländisches Eigen- oder Wildgewächs sind. Dieser Branntwein ist steuerfrei, soweit er im Haushalt und Landwirtschaftsbetrieb des Produzenten erforderlich ist. Die nach Ablauf einer Frist von 15 Jahren, vom Zeitpunkt der Annahme dieses Artikels an, noch bestehenden Hausbrennereien bedürfen zum Weiterbetrieb einer Konzession, welche ihnen unter den im Gesetz aufzustellenden Bedingungen gebührenfrei zu erteilen ist. 5 Die fiskalische Belastung der Spezialitäten aus Steinobst, Wein, Traubentrestern, Weinhefe, Enzianwurzeln und ähnlichen Stoffen erfolgt in Form der Besteuerung. Dabei soll ein angemessenes Entgelt für die Rohstoffe inländischer Herkunft gewahrt bleiben. 6 Mit Ausnahme des steuerfreien Eigenbedarfs und der Spezialitäten kann der Bund den im Inland hergestellten Branntwein zu angemessenen Preisen übernehmen. 7 Keiner Besteuerung unterliegen die Erzeugnisse, welche ausgeführt oder durchgeführt werden oder denaturiert sind. 8 Die Einnahmen aus der Besteuerung des Ausschanks und des Kleinhandels innerhalb des Kantonsgebietes verbleiben den Kantonen. Die Patente für den interkantonalen und internationalen Kleinhandel werden vom Bunde ausgestellt; die Einnahmen werden auf die Kantone im Verhältnis der Wohnbevölkerung verteilt. 9 Vom Reinertrag des Bundes aus der fiskalischen Belastung der gebrannten Wasser erhalten die Kantone 10 Prozent, die sie für die Bekämpfung des Alkoholismus, des Suchtmittel-, Betäubungsmittel- und Medikamentenmissbrauchs in ihren Ursachen und Wirkungen verwenden. Die Mittel werden im Verhältnis zur Wohnbevölkerung unter die Kantone verteilt. Der Bund verwendet seinen Anteil für die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung. Art. 32ter: Absinthverbot 1 Fabrikation, Einfuhr, Transport, Verkauf und Aufbewahrung zum Zwecke des Verkaufs des unter dem Namen Absinth bekannten Liqueurs sind im ganzen Umfange der Eidgenossenschaft verboten. Dieses Verbot bezieht sich auch auf alle Getränke, die unter irgendwelcher Bezeichnung eine Nachahmung dieses Liqueurs darstellen. Vorbehalten bleiben der Durchgangstransport und die Verwendung zu pharmazeutischen Zwecken. 2 Das Verbot tritt zwei Jahre nach seiner Annahme in Kraft. Die Bundesgesetzgebung wird die infolge des Verbotes notwendig werdenden Bestimmungen treffen. 3 Der Bund hat das Recht, dasselbe Verbot auf dem Wege der Gesetzgebung in bezug auf alle andern absinthhaltigen Getränke zu erlassen, welche eine öffentliche Gefahr bilden. Art. 32quater: Kantonale Wirtschaftsgesetze 1 Die Kantone können auf dem Wege der Gesetzgebung die Ausübung des Wirtschaftsgewerbes und des Kleinhandels mit geistigen Getränken den durch das öffentliche Wohl geforderten Beschränkungen unterwerfen. Als Kleinhandel mit nicht gebrannten geistigen Getränken gilt der Handel mit Mengen von weniger als zwei Litern. 2 Der Handel mit nicht gebrannten geistigen Getränken in Mengen von zwei bis zehn Litern kann innerhalb der Grenzen von Artikel 31 Absatz 2 von den Kantonen auf dem Wege der Gesetzgebung von einer Bewilligung und der Entrichtung einer mässigen Gebühr abhängig gemacht und der behördlichen Aufsicht unterstellt werden. 3 Der Verkauf nicht gebrannter geistiger Getränke darf von den Kantonen, abgesehen von den Patentgebühren, mit keinen besondern Steuern belastet werden. 4 Juristische Personen dürfen von den Kantonen nicht ungünstiger behandelt werden als natürliche. Die Produzenten von Wein, Obstwein und Most können ihr Eigengewächs in Mengen von zwei und mehr Litern ohne Bewilligung und ohne Gebühr verkaufen. 5 Der Bund ist befugt, auf dem Wege der Gesetzgebung Vorschriften für die Ausübung des Handels mit nicht gebrannten geistigen Getränken in Mengen von zwei und mehr Litern aufzustellen. Diese Vorschriften dürfen den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigen. 6 Das Hausieren mit geistigen Getränken sowie ihr Verkauf im Umherziehen sind untersagt. Art. 69: Krankheiten Der Bund ist befugt, zur Bekämpfung übertragbarer oder stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Menschen und Tieren gesetzliche Bestimmungen zu treffen. |